Märkische Allgemeine Zeitung 03.02.07
KONSTANZE WILD
KLEINMACHNOW Wie geht es weiter nach der Grundschule? Die Bündnisgrünen der
drei Ortsvereine von Stahnsdorf, Kleinmachnow und Teltow boten interessierten
Eltern im Rathaussaal ein Diskussionsforum, welches seine Notwendigkeit und
Tragweite drastisch offenbarte. Mit Liebe zum Detail wurden die unweigerlich
ermüdenden Zahlen des Schulentwicklungsplans (SEP) für die Region beleuchtet.
Anhand von Kurvendiagrammen sah man eindrucksvoll reale und gerade mal geborene
künftige Schülergenerationen an- und abschwellen. Der Druck auf die Gymnasien
vor Ort dabei ist bekannt und wird vermutlich anhalten. Nur wenige schaffen den
Ausstieg ins benachbarte Potsdam oder nach Berlin, wo Brandenburger Schüler
eher nicht willkommen sind, da das eigene Klientel unter aufgeblähten, schlecht
ausgestatteten Schulen mit über 1000 Kindern leidet, wie Irma Franke-Dressler
die Situation im Süden Berlins schilderte.
In Kleinmachnow wählten 78 Prozent eines Jahrgangs ein Gymnasium, im regionalen
Schnitt waren es 66 Prozent. Mit Blick auf Pisa und die Abiturquoten im
Erfolgsmodell Finnland könnte man sich also freuen und vor Ort möglichst vielen
Schülern einen gymnasialen Abschluss ermöglichen. Das wurde auch gefordert, von
Fachleuten auf dem Podium und im Publikum. Doch fehlen künftig schlicht die
Kapazitäten und letztlich auch eine breite Auswahl an Wegen zum Abitur, wie es
die Bündnisgrünen mit einer neuen reformierten Gemeinschaftsschule gern
realisieren würden, erklärte Gunnar Schilling aus Stahnsdorf.
Die hypothetischen Zahlen der Schulwahl – der SEP (Landkreis) geht im Schnitt
von 60 Prozent für das Gymnasium aus, die Bündnisgrünen gar von 70, das Kant-Gymnasium
errechnete 50 – machten in der Folge nur deutlich, wie auslegbar
Entwicklungsprognosen sind. Während der Landkreis, vertreten durch Volker
Meinecke, klar auf die Auswirkungen der jüngsten Schulgesetzesnovelle setzt,
nachdem sich der Zugang zu Gymnasien durch verschärfte Aufnahmebedingungen und
eine hohe Stundenzahl durch die Kappung eines ganzen Schuljahres – sprich, Abi
in 12 Jahren – regeln werde, monieren andere genau dies als
"Verschlechterung" von Bildungsangeboten und Chancengleichheit.
Pikant am neuen Schulgesetz ist allemal, dass die Durchlässigkeit erschwert
wird, die Oberschule gar zur "Einbahnstraße" mutiert, da nach der
jetzigen Lage, Zehntklässler, denen die Aufnahme ins Gymnasium noch gelingt,
ein Jahr "Nachsitzen" müssten, wie es hieß.
In den Rängen sitzen derweil ratlose Eltern, die sich seit der Geburt ihrer
Kinder um eine ansprechende Schullaufbahn "aufreiben". Kaum einer
versteht seit Pisa die wandelbare und sich widersprechende bildungspolitische
Debatte. Und doch müssen Eltern in dieser einmalig kinderreichen Region damit
umgehen; mit vom Landkreis an gedachter temporärer Fünfzügigkeit an Gymnasien,
mit Containerlösungen, mit den Zweifeln, hält mein Kind den Leistungsdruck aus.
Und auch mit der aktuellen Debatte um die einzige Gesamtschule mit gymnasialer
Oberstufe und die zwei Oberschulen, "die doch gar keiner richtig
kennt", wie eine Lehrerin aus Teltow beklagt.
Dennoch – der Abend war ein Lehrstück regionaler Zusammenarbeit, das aktuell
fortgesetzt und auf eine breitere Basis gestellt werden muss: Politiker müssen
kreativer Verantwortung übernehmen, Eltern sich gemeinsam engagieren, wurde
gefordert.