Märkische Allgemeine Zeitung 24.01.07
KONSTANZE WILD
TELTOW Hobbykapitäne sind begeistert, wenn sich die Tore der 12 historischen
Schleusen wie vor 400 Jahren per Handkurbel öffnen. Ausflügler radeln oder
schippern mit Motor-, Paddelboot und Floß durch die beschauliche Landschaft des
Finowtals oder werden gar an langer Leine von einem auf alten Treidelpfaden
gemächlich schreitenden Schimmel die Wasserstraße längs gezogen. Solche Szenen
wecken Begehrlichkeiten. Besonders, wenn man sich seit Jahren engagiert, wie
viele Aktive der Interessengemeinschaft Teltowkanalaue, einem Zusammenschluss
von Bürgern, Initiativen und Vereinen, die das Ziel eint, die Kanalaue als grüne
Mitte von Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf für Naherholung und Tourismus zu
erschließen. Rad- und Wanderwege sollen von Steglitz bis Griebnitzsee führen
und kulturhistorische Landmarken, von der Teltower Altstadt bis zum
Südwestkirchhof erlebbar machen.
In der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Region Finowkanal (KAG) sorgen im Barnim
seit 1996 zehn Anrainerkommunen für eine Entwicklung. Ihr Vorzeigeprojekt bekam
viel Lob und jüngst eine Auszeichnung. Ganz mit der Sache verbunden ist
Reinhard Schliebenow. Auf Einladung der IG stellte er im " Courtyard"
eine erfolgreiche interkommunale Arbeit vor. Der langjährige
Geschäftsstellenleiter der KAG brachte mit Bildern von Marinas, Radwegen und
Anlegern manchen ins Schwärmen, gab zugleich aber Anregungen und Erfahrungen
weiter. Der 32 Kilometer lange Finowkanal ist die älteste noch schiffbare
künstliche Wasserstraße Deutschlands. Nach seiner Zerstörung im Dreißigjährigen
Krieg wurde das imposante Bauwerk unter der königlichen Order Friedrichs des
II. ein zweites Mal errichtet und avancierte zu einer der bedeutendsten
Binnenwasserstraßen Deutschlands, bevor 1914 der parallel geführte, effektivere
Oder-Havel-Kanal seinen historischen Vorgänger abhängte. Es wurde still am
Kanal. Doch nach der Wende sorgten engagierte Bürger für eine Renaissance. Man
sammelte Unterschriften, gewann Sponsoren, um die insgesamt 400 Jahre alte
Wasserstraße ins Bewusstsein zu heben. Gelder flossen, Schleusen wurden in Gang
gesetzt, Dorfkerne saniert, Wege und Stege entstanden.
Auch die Region Teltow hat ihre kommunale Arbeitsgemeinschaft. Und sie hat den
Teltowkanal. Jüngst 100 Jahre alt geworden, fasziniert er viele Alteingesessene
und Neubürger gleichermaßen. Doch während andernorts ein von Kommunen gemeinsam
beschlossenes Gesamtkonzept zum Erfolg führte und heute als unabdingbar auch
den hiesigen Verantwortlichen angeraten wird, wirkt die interkommunale
Diskussion vor Ort weniger einheitlich, ist geprägt durch Ankündigungen,
Zaudern und Interessenkonflikte. Hinzu kommt eine schwierige Ausgangssituation:
Der Teltowkanal steht nicht vor seiner Stilllegung, sondern vor einem genauso
groß dimensionierten wie umstrittenen Ausbau, der im Rahmen der Deutschen
Einheit einst fest geschrieben, nun einer Klärung harrt. Die Aktiven der IG
haben dennoch durch Veranstaltungen, Wanderungen, Flyer, Internetauftritt und
Lobbyarbeit vor allem eines gewonnen: Das Interesse der Bürger, die auf den
"weichen Standortfaktor" setzen. Im "Courtyard"
diskutierten auch kommunale Vertreter den Erfolg im Finowtal, wo eine
Einwohnerumlage, gekonntes Marketing und nicht zuletzt die gemeinsam getragene
Vorleistung der Kommunen, letztlich effektiver erscheinen, als hiesige
Diskussionen um wassergebundene oder asphaltierte Wegedecken. Bürgermeister
Thomas Schmidt war der Einladung gefolgt und sieht nun die "Region auf
einem guten Weg", auch wenn die KAT völlig anders aufgestellt sei.
Immerhin, seit Dezember 2006 kann das Planungsbüro "Ökologie und
Planung" im Auftrag der KAT endlich an einer lange verschobenen
Machbarkeitsstudie zur Entwicklung der Kanalaue arbeiten.