Märkische Allgemeine Zeitung 16.01.07
KONSTANZE WILD
KLEINMACHNOW Zehn sauber gehobelte Stützbalken halten die Last des maroden
Tonnendachs, welches die Reihen der Kirchenbänke überspannt. Während im
Gottesdienst mit dem schönen Gleichnis vom neuen Wein und alten Schläuchen
humorvoll darüber nachgesonnen wird, wie man in der Gemeinde Neues und Altes
verbinden, für Veränderungen offen sein kann, mahnen die hölzernen Ständer eine
dringliche Entscheidung an. Ob bei Eltern-Kind-Gruppen, bei der
Konfirmandenarbeit oder den Chorkonzerten der Kantorei, seit Jahren stößt die
Arbeit der Evangelischen Kirchengemeinde in Kleinmachnow räumlich an ihre
Grenzen.
Ein Gutachten zur statischen Sicherheit der Dachkonstruktion in der
Auferstehungskirche fiel im vorigen Herbst so drastisch aus, dass diese vorüber
gehend gesperrt werden musste. So ist die rege diskutierte Frage, wie denn die
Kirche zu mehr Raum kommen könne, gerade beim Neujahrsempfang dringender denn
je. In Versform betrachten die beiden Pfarrer humorvoll das alte und das
kommende Jahr. Tenor: Die Gemeinde wächst weiter. Allein vier
Konfirmationsgottesdienste werden in diesem April in der nur noch eingeschränkt
nutzbaren Alten Dorfkirche gefeiert. Gut, dass es so viele Helfer gibt.
Symbolisch für die vielen Menschen, die die Kirchengemeinde mit Rat und Tat
unterstützen, Katharina Seibt nannte sie das Herz der Gemeinde, bekamen drei
Ehrenamtliche Präsente überreicht.
Man habe alles getan, um Sicherheit und eine optimale Raumnutzung im Jägerstieg
zu gewährleisten, betonte Pfarrer Dieter Langhein im Gespräch mit der MAZ. Als
nächstes stehe eine neue Dachhaut an. Denn bis auf weiteres werde die
Auferstehungskirche ja in jedem Fall täglich gebraucht. Auf einer Klausurtagung
Ende Januar soll eine erste Richtungsentscheidung zur nicht unumstrittenen
Standortfrage fallen. Spätestens Anfang Mai müsse der Gemeindekirchenrat dann
eine Option auswählen, damit im nächsten Jahr Ideen in die Tat umgesetzt werden
können.
Zur Erinnerung: Die evangelische Gemeinde prüft drei Varianten: Eine Sanierung
und bauliche Erweiterung der Auferstehungskirche im Jägerstieg, einen
kompletten Neubau eines kirchlichen Gemeindezentrums am Adolf-Grimme-Ring sowie
eine Mitnutzung der Schulaula am Neubaustandort der Evangelischen Grundschule
am Schwarzen Weg. Dort soll übrigens am 26. Januar der erste Spatenstich
erfolgen. Eine räumliche Erweiterung im Bereich der Alten Dorfkirche am
Zehlendorfer Damm, als mögliche vierte Variante, nannte Langhein unter
Vorbehalt. An der Peripherie des Ortes gelegen, fehle auch die Infrastruktur.
Eine Arbeitsgemeinschaft Bedarfsplanung und ein externer Berater helfen der
Kirchengemeinde jetzt, Platzbedarf und Gesamtentwicklung zu beurteilen. Dazu
gehören Interviews mit Aktiven der Kirchengemeinde und das Abwägen von Vor- und
Nachteilen, die die möglichen Standorte – von Parkplatznot über Denkmalschutz
und Baurecht bis zur Finanzierung – mit sich bringen.
Einen "Abschied vom Walde", wie es in einem Lied von
Mendelssohn-Bartholdy heißt, welches das Gesangs-Quartett "QuartTon"
beim Neujahrsempfang klanglich und atmosphärisch wunderschön zum Ausdruck
brachte, wird es jedenfalls nicht geben. Das stellte neben Langhein auch
Bürgermeister Wolfgang Blasig als Gast klar, um damit offensichtlich Gerüchten
entgegen zu treten, die sich in den vergangenen Wochen um eine Abholzung des so
genannten "Medon-Wäldchens" rankten. Im Eigentum der Kirche, war das
bewachsene Grundstück als mutmaßliche Verhandlungsmasse beim Ankauf eines
Baugrundstücks in die Diskussion geraten.
Überhaupt unterstrich der Bürgermeister die Planungshoheit der politischen
Gemeinde, was das Baurecht betreffe, um zugleich aber Unterstützung durch die
Kommune anzubieten: "Wir helfen beim Neubau der Evangelischen Grundschule.
Ähnliches wollen wir auch für ein künftiges Gemeindezentrum tun."
Hintergrund ist freilich, dass die Kommune offenbar mit einer Kirche am
Rathausmarkt sehr einverstanden wäre. So war die Einsicht, dass der "Rathaussaal
wohl doch etwas zu klein geraten ist", eine schwerlich falsch zu
verstehende Offerte zur gemeinsamen Nutzung eines Neubaus. Blasig wünschte
neben "Gottes Segen daher vor allem Mut und Entscheidungsfreude".