Märkische Allgemeine Zeitung 15.12.06
KONSTANZE WILD
KLEINMACHNOW Kritik und Nachdenklichkeit, Empörung
und Zuversicht: Für die verbliebenen Mitglieder des Trägervereins
Kulturhaus Kammerspiele war es offensichtlich an der Zeit, Bilanz zu
ziehen. Noch vor Jahresfrist durfte der Verein sich Hoffnungen machen, die
traditionsreichen Kammerspiele als Ort der Kultur und des künstlerischen
Schaffens zu neuem Leben zu erwecken.
Jetzt, nachdem der Förderverein, mit immerhin 100
Mitgliedern, sich ohne öffentliches Aufbegehren bereits aufgelöst hat und
die Verhandlungen um das Kulturhaus selbst Insidern nicht transparent
erscheinen, signalisierte man einen Rückzug (MAZ berichtete). Als Initiator
für ein umfangreiches Kulturangebot hatte man sich in der Gemeinde vorgestellt,
etwa mit der Aufführung "Untergang der Titanic" unter freiem
Himmel am Seeberg, oder jüngst mit einer Lesereihe, die – quasi im Exil –
an ungewöhnlichen Orten Kritisches und Provokantes zu Gehör brachte.
Man habe sich aber auch angeboten, an den Verkaufsverhandlungen
um die Kammerspiele, zwischen der Kommune und dem Eigentümer Karl-Heinz
Bornemann, aktiv mitzuwirken. Doch fühle man sich nicht ernst genommen,
wenn anstelle von Informationsfluss und Gesprächsbereitschaft eher ein
Gefühl des "beabsichtigten Ausgeschlossenseins" vorherrsche, so
der Tenor eines Pressegesprächs.
"Uns ist bislang keine konkrete
Verhandlungsgrundlage deutlich geworden", betont Vorstandsmitglied
Frank-Patrick Steckel, dessen jüngste schriftliche Bitte um ein klärendes
Gespräch von Bürgermeister Wolfgang Blasig nicht beantwortet worden sei.
Eine Partnerschaft in Sachen Kultur sei mitnichten zustande gekommen.
Dabei habe man viele Bedingungen
erfüllt, sei Konzepte in punkto Programm, Finanzen und Sanierung nicht schuldig
geblieben. Das sieht die Verwaltung anders, der Trägerverein sei am Zug, müsse
endlich "Konkretes, Zahlen und Finanzierungsmöglichkeiten" vorlegen.
Vieles in den Konzepten sei bloßes "Wunschdenken", so Michael Ecker,
der als Kämmerer in der Verwaltung wenig Interesse sieht, "in das Haus
Millionen zu stecken", um für "einen Verein" etwas zu tun. Ein
Gutachter errechnete 1,5 Millionen Euro für die Sanierung. Gleichwohl sei die
Verwaltung weiter "offen für Gespräche". Kritik äußerte er an der
"absurden", nicht näher bezifferten Höhe der Abschlagsforderung, die
Bornemann für seinen Kinobetrieb fordere. Auch warte man auf Unterlagen vom
Besitzer, die den Wert des Grundstücks transparenter machen.
In Ausschüssen der Gemeindevertretung sei das Projekt auf
breite Zustimmung gestoßen, berichtet der Trägerverein. Mit einem
fraktionsübergreifenden Antrag wurde der Bürgermeister im Herbst 2005
beauftragt, sich mit dem Eigentümer über einen Erwerb der Kammerspiele zu
verständigen, im Januar gab es erste Gespräche. Der Verhandlungsstand
präsentiert sich nach Jahresfrist indes diffus. "Lippenbekenntnisse"
der Parteien ersetzen nicht die überfälligen Signale von Seiten der Verwaltung,
das Projekt tatsächlich zu befördern, so Ina Schott. Befremdlich sei der
Umstand, dass im Zuge der Sanierung der Karl-Marx-Straße Parkplätze im Bereich
der Kammerspiele zurückgebaut worden sind.
Der Rathaussaal mit seinem Programm sei keine Konkurrenz
und Alternative zum beabsichtigten Kammerspielprojekt, betonte
Vorstandsmitglied Frank Nägele. Zwar gebe es Schnittstellen, doch ein
"Haus der Kultur", zugleich Veranstaltungsort und Treffpunkt für
Künstler, Bürger und Vereine, ersetze das Rathaus allemal nicht, so der
SPD-Ortsvorsitzende. Und im Heizhaus auf dem Seeberg könne schon wegen kurzer
Mietvertragsbindungen kein langfristiges Kulturangebot angesiedelt werden.
Auch Selbstkritik und ein Nachdenken darüber, inwieweit
die Bürger ein anspruchsvolles Kulturprojekt überhaupt mittragen, thematisierte
der Trägerverein. So vermisse man auch die Unterstützung von Kulturschaffenden
und Vereinen. Das kulturelle Engagement und Angebot der Gemeinde resümierte
Regisseur Steckel als "sehr selbst genügsam", blieb dabei aber
zuversichtlich: Noch habe der Verein Hoffnung und löse sich nicht auf.