Märkische Allgemeine Zeitung 22.11.06

Kanalaue verbindet die Region

Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf analysieren Gemeinsamkeiten

KONSTANZE WILD

TELTOW Gäbe es die Kanalaue nicht, wäre der Meinungsaustausch wohl etwas sperriger ausgefallen, jüngst im "Hoteltow". Bewegten sich die Akteure auf dem Podium doch recht deutlich an der – das wurde immer wieder beschworen – "alle verbindenden" Wasserstraße entlang, um jeweils rechtzeitig die rettenden Ufer des einhundertjährigen Kanals zu erreichen. "Regionalmarketing – Erfolgsfaktor für die Wirtschaftsentwicklung der Region", unter diesem Motto hatten die Verwaltungschefs der drei Teltowkanalkommunen sowie Jens Klocksin, Landtagsabgeordneter der SPD, Gelegenheit, sich mit Fachleuten der Wirtschaft auszutauschen. Seit einem Jahr arbeite das Stadtmarketing Teltow, erläuterte Regina Roß vorab. Die Projektleiterin der BBE Unternehmensberatung hat den Prozess für die Stadt Teltow angeschoben und moderiert ihn.

Insbesondere aus der Arbeitsgruppe Wirtschaft, der auch zahlreiche Unternehmen angehören, die ihren Betriebssitz in den Nachbarkommunen haben, wurde großes Interesse an einer regionalen Zusammenarbeit signalisiert, stellte Roß fest. Auch aus der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft "Der Teltow" (KAT) habe man Entsprechendes vernommen. Deren Bedeutung sollte im Laufe des Abends noch gestärkt werden, durch die Forderung, sie als Instrument kommunaler Zusammenarbeit mit konkreten Themen und AGs endlich lebendig zu gestalten. Es habe sich, so Roß, begleitet durch die jüngste Diskussion – Schlagwort Teltow als Mittelzentrum und Zusammenarbeit bis zu Fusionsabsichten der beiden anderen Gemeinden – ein "Regionalmarketing" als Zielstellung für die künftige Arbeit in den Mittelpunkt geschoben.

 

3540 Unternehmen hat die Region. Ein Potenzial, auf das man stolz sein könne, sagte Olaf Lücke von der IHK Potsdam. Man müsse auch "etwas daraus machen", führte er weiter aus. Lücke mahnte, wie auch Norbert Gölitzer vom Unternehmerverband Brandenburg einen "kleinsten Nenner" an, mit dem sich die Region gemeinsam auch nach außen präsentieren könne.

Nicht als Selbstläufer überschätzen

Die Entwicklung des alten Industriekanals zur grünen Aue könne die "Region zusammenführen und die Wettbewerbsfähigkeit steigern", meinte sogleich Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt. Amtskollege Wolfgang Blasig führte fort, "die Kanalaue hält die Region zusammen", entwickle man sie, "falle vieles von selbst in den Schoß". Die Wasserstraße, weicher Standortfaktor, stifte Identität für die Bürger einer Region, die durch Geschichte und Bevölkerungswandel für viele erst zu einer Heimat werden müsse, schloss Klocksin.

Selbstbewusstsein wurde auf dem Podium gefordert und gezeigt, Standortfaktoren – Nähe zu Berlin, zur Forschungs- und Hochschullandschaft, Verkehrslage, Schwerpunktbranchen und ein Wohnumfeld mit ungebrochenem Zuzug – allseits gepriesen. Regionale und lokale Bündnisse, etwa für Schule und Familie, stellte Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser dar, der das Podium nutzte, um auf die notwendige Verlässlichkeit bei den heftig diskutierten Landesstraßen L 77neu und L 40 einzugehen. Verhaltener hingegen die Warnungen Klocksins, die "Region als Selbstläufer" womöglich zu überschätzen. Bundesweit gebe es viele Regionen, die durch neue Formen kommunaler Zusammenarbeit und wirtschaftlicher Vernetzungsstrategien Marktchancen für sich entscheiden, mahnten die Wirtschaftsvertreter.

Probleme, was die Strukturen und "Befindlichkeiten" der Kommunen und Landkreise betreffe, gebe es dabei überall. Andernorts gehe man sie offensiver an, fügte Lücke hinzu und warnte davor, "den Anschluss zu verlieren". So wurde am Abend zwar über den "gnadenlosen Konkurrenzkampf", so Blasig, der "zu vielen" Gewerbegebiete geklagt, oder auf die "drei Suppentöpfe", sprich Verwaltungen, Haushalte, verwiesen. Doch dass "die Zeit nicht reif ist" für umfassendere Neuerungen, stellte die zurückhaltende, dennoch eindeutige Analyse der Wirtschaftsfachleute in Frage.

Nachhaltig über den Tellerrand schauen

Die Wirtschaft denke längst regional, so das Fazit. Man müsse nun ein Image schaffen, Standortfaktoren, harte wie weiche, ausbauen, erläuterte Lücke gegenüber der MAZ. Gemeinsames Flächenmanagement und Vermarktung, letztlich eine gemeinsame Wirtschaftsförderung für die Region? Aus Sicht der Wirtschaft wünschenswert, die Entscheidung liege jedoch bei den Kommunen.

So bleibt vom Abend eher der Eindruck, es ist höchste Zeit für die politisch Verantwortlichen, regional zu denken, zu planen und zu handeln und – nachhaltig über den Tellerrand zu schauen. (Potsdam-Mittelmark)