Märkische Allgemeine Zeitung 02.09.06

Späte Erinnerung
Kleinmachnow hat seit gestern eine Gedenkstätte für Zwangsarbeiter

HEIDI BERG

KLEINMACHNOW "Es war dringend notwendig, einen solchen Ort zu schaffen", betonte Kleinmachnows Bürgermeister Wolfgang Blasig. Zusammen mit ukrainischen Zeitzeugen und Vertretern aus der Politik übergab er gestern den "Ort der Erinnerung" an die Öffentlichkeit. Eine zweigeteilte Corten-Stahltafel erinnert an die in der Dreilinden Maschinenbau GmbH bis kurz vor Kriegsende beschäftigten Zwangsarbeiter.

"Der Ort hilft, historische Ereignisse zu rekonstruieren", bestätigt auch Ole Saß vom Ingenieurbüro "Landschaft planen und bauen". Die Landschaftsplaner übernahmen die künstlerische Entwicklung der Gedenkstätte. Zwei Ebenen der Betrachtung seien dabei zu differenzieren, erläutert Saß sein Arbeitsergebnis. Die gestalterische Ebene beinhaltet die Sichtbarmachung der Konturen von zwei ehemaligen Baracken auf dem Gelände zwischen Stolper Weg und Stahnsdorfer Damm. So umreißen senkrecht in die Erde eingelassene Stahlbänder die Fundamente des Küchen- sowie des Verwaltungsgebäudes. Auf den sich noch im Boden befindenden Fundamenten legten die Ingenieure eine Rasenfläche an. Diese schütze die Bausubstanz, erklärt der künstlerische Entwickler.

Die Informationsebene bietet dem Betrachter einen Gedenktext und einen Lageplan vom Barackenlager. Den Text verfasste die Autorin Angela Martin. Für ihr Buch "Ich sah den Namen Bosch" erforschte sie anhand zahlreicher Interviews die Arbeits- und Lebensbedingungen von 760 polnischen Zwangsarbeitern. Für die Tochtergesellschaft der Stuttgarter Robert-Bosch-Werke produzierten sie Teile für Flugzeugmotoren.

Der in der rechten oberen Ecke positionierte Lageplan gibt Auskunft über die Anordnung aller früheren Behausungen von Zwangs- und Fremdarbeitern. Aufgrund des vollständigen Abrisses der Fremdarbeiterbaracke "K 43" im Jahr 2002 befindet sich der Erinnerungsort nun auf den Grundmauern der zwei im Norden angrenzenden Gebäude. "Hier sind die Fundamente noch vorhanden", begründet Lokalhistoriker Günter Käbelmann die Auswahl des Ortes.

Die zwei mal zwei Meter große Gedenkplatte besteht aus einem besonderen Stahl. "Corten-Stahl rostet besonders schnell an, jedoch nie durch", beschreibt Saß die Vorzüge des verwendeten Materials. Eine sich nach rund zwei Wochen bildende Rostschicht schützt die Tafel vor dem schnellen Verfall durch Wettereinflüsse. "Damit haben wir eine gute Lösung gefunden", ist sich Axel Mueller, stellvertretender Vorsitzender des Heimatvereins Kleinmachnow, sicher.

Mit der Geschichte der Dreilinden Maschinenbau GmbH und des Außenlagers des Konzentrationslagers Ravensbrück setzt sich die Ausstellung "... auf dem Boschgelände - Zwangsarbeit für eine Rüstungsfabrik in Kleinmachnow" auseinander. Noch bis zum 15. Oktober können Geschichtsinteressierte und Schulklassen im Rathaus Bild- und Schriftdokumente sowie historische Fundobjekte erleben. "Die Ausstellung zielt besonders auf junge Menschen im Ort", so Blasig. Die Jüngeren sollten sich mit der Geschichte der Gemeinde vertraut machen, mahnt er an. Hinweistafeln, die den Weg zur Gedenkstätte am Stahnsdorfer Damm weisen, lehnt der Bürgermeister jedoch ab. Beschilderungen dieser Art seien in Kleinmachnow nicht üblich. "Wer den Ort finden will, dem gelingt dies auch", ist der Ortschef überzeugt.