Potsdamer Neueste Nachrichten 29.06.06
KONSTANZE WILD
KLEINMACHNOW Etwa 500 Menschen strömten am Wochenende
ins Bürokarree von Siemens am Schwarzen Weg, um einen Gottesdienst zum
Schuljahresabschluss zu feiern. Schon beinahe Tradition ist der aufwändige
Auszug der evangelischen Kirchengemeinde, wenn große Gottesdienste oder
Auftritte der Kantorei so viele Menschen in die Kirche führen, dass die
Gotteshäuser in Kleinmachnow überfüllt wären.
Über Möglichkeiten, mit der Raumnot fertig zu werden,
dachte man in der Vergangenheit nach. Nun gesellt sich eine weitere
Variante hinzu und bestimmt die Diskussion innerhalb der wachsenden
evangelischen Gemeinde.
Einen möglichen neuen Standort am Adolf-Grimme-Ring,
oberhalb des Rathauses, bestätigte Pfarrer Dieter Langhein im Gespräch mit
der MAZ. Als charmant empfindet Langhein die Idee, dass die Kirche so eine
Chance bekäme, "ins Zentrum zu rücken".
Seit einiger Zeit, so der Pfarrer, laufen Gespräche
mit der Kondor Wessels GmbH, die als Grundstückseignerin des brach
liegenden Geländes am Saum des Seebergs offensichtlich an
Vermarktungsmöglichkeiten jenseits von Wohnbebauung denkt. Die
Infrastruktur am Rathausmarkt biete gute Voraussetzungen, dort ein
kirchliches Zentrum anzusiedeln.
Ins Gespräch brachte Langhein auch mögliche
"Symbiosen" mit anderen Nutzern, etwa Schulen und Parteien.
"Drei mögliche Standorte liegen auf dem Tisch", das betont Langhein.
Intern gehen die Meinungen in der Kirchengemeinde auseinander, ob man nicht
statt eines Neubaus eher die Auferstehungskirche am Jägerstieg sanieren und
erweitern sollte, zumal deren Zukunft bei einer Verlegung ungewiss wäre.
Auch eine kombinierte Kirche/Schulaula
auf dem Neubaugelände der Evangelischen Grundschule war im Gespräch. Die Alte
Dorfkirche jedenfalls, im "alten Zentrum" Kleinmachnows, werde immer
das "Schmuckstück" bleiben, so der Pfarrer. Mehr aber auch nicht.
Denn schon seit langem steht fest, dass das Baudenkmal nur ohne Beheizung und
bei mäßiger Nutzung gehalten werden kann.
Über Kaufpreis oder andere Modalitäten des
Grundstückserwerbs gab es indes keine offiziellen Angaben. Die Kondor Wessels
GmbH, die bereits am Entstehen des neuen Ortszentrums in Kleinmachnow und
entsprechender Wohnbebauung im Umfeld maßgeblich beteiligt war und ist, war zu
keiner Stellungnahme bereit. "Wir müssen zusammen arbeiten an einer Idee,
an der beide Seiten gewinnen", zeichnet Langhein mögliche
Verhandlungsperspektiven. Ein "großes Interesse" verschiedener
Seiten, dass das Projekt glückt, sieht auch sein Amtskollege Pfarrer Jürgen Duschka,
der jedoch ebenfalls auf die weiteren Varianten verweist.
Bedingt bedeckt hält sich Bürgermeister Wolfgang Blasig.
Das sei in erster Linie Sache der Kirchengemeinde. Als Träger der
Planungshoheit sei die politische Gemeinde natürlich bei einer eventuellen
Änderung des B-Plans gefragt. Dass er sich persönlich das seines Erachtens nach
etwa 1,5 Hektar große Gelände sehr gut als neuen Standort für die evangelische
Gemeinde vorstellen könne, daraus macht Blasig keinen Hehl.
"Längst überfällig" sei ein ordentliches
kirchliches Gemeindezentrum und von der städtebaulichen Planung her
"gehört die Kirche ins Dorf". Deutlich wird auch seine Sympathie
bezüglich möglicher Synergieeffekte, sprich gemeinsame Nutzung der entstehenden
Veranstaltungsflächen. Wiederholt hatte sich in der Vergangenheit gezeigt, dass
auch bei dem neu gebauten Rathaussaal bei entsprechenden Veranstaltungen
schnell die Kapazitätsgrenze erreicht ist.
Man sei an einem Punkt, wo sondiert werden muss, sagt Langhein.
Als nächstes werde das Ansinnen auf einer Sondersitzung des
Gemeindekirchenrates am 5. Juli besprochen. Anschließend habe man weitere Zeit
zum Denken. Nach den Sommerferien, wenn die Glocken am 20. August das neue
Schuljahr eingeläutet haben, werde man im Anschluss an den Gottesdienst in
einer Gemeindeversammlung alle drei Projekte für Kirchenstandorte
beziehungsweise -erweiterungen vorstellen, erläutert Langhein.
Darüber hinaus müssen unter anderem Kirchenkreis,
Landeskirche und Kommune "mit ins Boot". Die eigentliche Entscheidung
liegt beim Gemeindekirchenrat, dem acht gewählte Mitglieder, zwei
Stellvertreter sowie die Pfarrer angehören. Etwa zum Oktober könnte die Sache
abstimmungsfähig sein.