Märkische Allgemeine Zeitung 19.06.06

Miteinander der Generationen

Analyse von Problemen auf dem Weg zum seniorenfreundlichen Landkreis

JOSEF DRABEK

KLEINMACHNOW Nachdem Landrat Lothar Koch (SPD) im vorigen Jahr das Ziel verkündet hatte, Potsdam-Mittelmark zum seniorenfreundlichen Kreis zu machen, entstand die Idee für ein entsprechendes Projekt. "Wie sieht eine Region aus, in der die Menschen das gute Gefühl haben: ´Hier möchte ich alt werden´?" war die Fragestellung des Fördervereins Akademie 2. Lebenshälfte. Im Rahmen der 13. Brandenburgischen Seniorenwoche erfolgte die Abschlusspräsentation der Arbeitsergebnisse und die Übergabe der Dokumentation zum Problemaufriss.

Im Bürgersaal konnte Ingrid Witzsche etwa 100 Gäste begrüßen, darunter Landrat Koch, Stahnsdorfs Bürgermeister Gerhard Enser und Professorin Jutta Bott von der Fachhochschule Potsdam (FHP). Einleitend referierte Klaus-Peter Schwitzer vom Deutschen Zentrum für Altersfragen zum Thema "Nutzung der Potenziale des Alters. Positionen des 5. Altenberichts der Bundesregierung". Dabei wurde deutlich, dass demografischer Wandel Alterung und Schrumpfung der Bevölkerung, Armut an Kindern und Reichtum an Alten bedeutet und Leben im Alter normal und länger geworden ist. Senioren verfügen über konstruktive Potenziale, wertvolle Erfahrungen und Bereitschaft zu bürgerschaftlichem Engagement.

Die Skizzierung von Ziel, Aufgabe und Methoden des Problemaufrisses durch Katharina Ecker veranschaulichte, wie viel Engagement hinter dem Projekt steckte. Zukunftswerkstatt und Arbeitsgruppen, Arbeitstreffen, Befragungen und Recherchen kosteten viel Zeit und Kraft. Und Wolf Beyer vermittelte "Demografische Perspektiven im Landkreis Potsdam-Mittelmark" und damit die inhaltliche Schwierigkeit der Arbeit.

Als Leiter einer der Arbeitsgruppen berichtete Egon Mücke über Möglichkeiten, Anbieter und Bereiche für Aktivitäten von Senioren. So nutzen in der Region 29 Prozent der 65- bis 70-Jährigen wöchentliche Bildungsangebote, 16 Prozent können sich das aus finanziellen Gründen aber nicht leisten. Die Arbeitsgruppe empfiehlt, dass Kommunen und Kreis Zuschüsse für Senioren einplanen, Seniorenbeiräte gründen, räumliche Kapazitäten schaffen und die Kommunikation verbessern.

Ausführungen von Klaus Krüger zum Thema "Wohnen, Bauen und Dienstleistung im Alter" zeigten, dass kommunale Verwaltungen und Wohnungsbaufirmen mit diesem Thema teilweise überfordert sind. Es mangelt an geregelten Zuständigkeiten und tragfähigen Konzepten für seniorengerechtes Wohnen. Das wiegt umso schwerer, als 41 Prozent der Befragten entsprechendes Wohnen von der Finanzierbarkeit abhängig machen und ein Viertel eine Preisermäßigung im öffentlichen Nahverkehr für über 65-Jährige fordern.

Die Nutzung der Potenziale Älterer für bürgerschaftliches Engagement illustrierte Edelgard Sachs. Im Unterschied zu gängigen Klischees haben 38 Prozent der Befragten die Vorstellung, ehrenamtlich tätig zu sein. Für Bereiche wie Bildung, Kommunales, Naturschutz oder Öffentlichkeitsarbeit müssen Senioren angesprochen, Strukturen geschaffen und Anerkennungen verbessert werden. Und wichtig ist das "Miteinander der Generationen", wie Wolf Beyer anhand von Befragungen und Aktivitäten belegte. Warum sollte es z.B. nicht möglich sein, dass Jugendliche Computerkurse für Senioren durchführen und diese sich mit Kochkursen revanchieren.

Zusammenfassend formulierte Witzsche eine Reihe von Konsequenzen. Auf Basis eines Demografie-Checks geht es um klare Konzepte und deren Untersetzung. Dabei komme einer entsprechenden Anlaufstelle und dem Runden Tisch "Demografie/Alter" eine vorrangige Bedeutung zu. Zudem geht es um die Erschließung bürgerschaftlichen Engagements, eine neue Anerkennungskultur sowie Schaffung von Begegnungsmöglichkeiten zwischen Jung und Alt.

Landrat Koch maß dem Runden Tisch, der Schaffung entsprechender Netzwerke, Strukturen und Initiativen sowie der Kommunikation und Publikation Bedeutung zu. Vor allem fand er Wettbewerbe von Jung und Alt als "tolle Idee", für die man Ausschreibungen überlegen sollte. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Probleme nur im gesamten sozialen Kontext lösbar sind und warnte vor zu hohen materiellen Erwartungen.