Märkische Allgemeine Zeitung 08.06.06
IMKE HENDRICH
KLEINMACHNOW Diese Stimme. Sie hat etwas vom
jugendlichen Elvis, Tony Curtis als Komödiant oder dem Charisma Marlon
Brandos. Diese und zahllose weitere Weltstars wirkten in deutschen
Fassungen ihrer Filme auch durch Rainer Brandts so markante
Synchronisation. Jahrzehnte lang galt der Ur-Berliner als Deutschlands
Synchronstar Nr. 1. "In die Synchronarbeit bin ich eigentlich nur durch
Zufall reingerutscht", sagt Brandt, dessen Synchronfirma in
Kleinmachnow sitzt.
Als Schauspieler hatte Brandt auf der Bühne schon
alle großen Rollen verkörpert, als er in den 60er Jahren seinen ersten Film
eindeutschte. "Dabei merkte ich, dass das Dialogbuch einfach
Schwachsinn war und ich habe während der Aufnahme kurzerhand Vieles
umgetextet", erzählt Brandt, der schon bald lieber selbst die Dialoge
für die deutschen Filmfassungen schrieb und dann auch Regie führte. Als
"Perfektionist" und "penibler Pinseler", wie Brandt
sich selbst bezeichnet, wollte er das lieber alles selbst in die Hand
nehmen - womit er aber nicht selten aneckte.
"Während man als Schauspieler auf der Bühne eine
Rolle selbst gestalten kann, muss man als Synchronsprecher in ein Korsett
schlüpfen", betont Brandt. Die Kunst bestehe darin, nicht nur
lippensynchron den deutschen Text auf das Original zu legen - "man
muss als Sprecher auch die Rolle ein Stück weit leben." Denn: Anders
als die Schauspieler, die vor der Kamera neben der Sprache auch Gestik und
Mimik nutzen können, habe der Synchronsprecher "nur" seine Stimme
zur Gestaltung. Und gerade darin sieht Brandt die Misere bei der heutigen
Synchronisation von Kino- oder Fernsehproduktionen.
"Es gibt nicht mehr die
charismatischen Stimmen, die heutigen Sprecher sind bis auf wenige
Ausnahmen beliebig austauschbar." Vielleicht, so vermutet Brandt,
lag es damals an dem Whiskey, "der durch unsere Kehlen geflossen
ist". Hinzu komme, dass es heute in Deutschland nur wenige
Synchronstudios gebe, die aus Sicht von Brandt wirklich auf Qualität
setzen. "Da wird Vieles zu Dumpingpreisen angeboten und am Ende
glaubt man, dass einfach nur irgendein Text über das Original gelegt
wurde - die Lippenbewegungen stimmen nicht überein, der Text ist
uninspiriert", meint Brandt.
Und so ist es kein Wunder, dass er in der Branche
als der - nicht immer unumstrittene - "Erfinder des
Schnodderdeutschs" gilt mit Ausdrücken wie "Sleep well in your
Bettgestell" oder "Na, Meisterchen, schon frisch im
Schritt" ("fanden wir besser als einfach "Guten Morgen,
Mr. Miller"). "Man muss die Freiheit der Sprache nutzen, dann
kann man sogar schlechte Originalfilme durch die deutsche Fassung retten."
So wird Brandt dann auch bis heute von Vielen sofort in Verbindung
gebracht mit der britischen Flopserie "Die Zwei", in der Tony
Curtis und Roger Moore zwei steinreiche Playboys darstellen. Dank der
"Eindeutschung" durch Brandt und ihm als Stimme von Curtis
wurde die Serie in den 1970er Jahren zum Kult.
Brandt, der aus seinem Alter ein Geheimnis macht
und über den selbst bei Auftraggebern verschiedene Geburtsjahre
kursieren, weiß nicht, wie vielen Stars er seine Stimme geliehen hat -
von Mario Adorf bis hin zu Jean-Paul Belmondo. Auch seine Preise - u.a.
der "Bambi" - sind ihm "wurscht". Er liebt seine
Arbeit und ist auch nach Jahrzehnten im Regieraum und als Sprecher am
Mikrofon ständig unter Strom, um "immer Qualität auf hohem
Niveau" abzuliefern. DPA