Märkische Allgemeine Zeitung 31.05.06
KONSTANZE WILD
Die Hafenanlage mit der Bierklause gibt es nicht mehr. Repro: HPH
Den Straßennamen "Am
Hafen" dürften nur noch wenige Kleinmachnower kennen. Ab etwa 1912 war
er indes geläufig. Man findet ihn in alten Straßenverzeichnissen.
Kopfsteingepflastert führte die Straße etwa 360 Meter im südlichen
Schleusenbereich in Richtung Machnower See. Aus heutiger Sicht ein
Teilstück der Allee am Forsthaus. Während des Kanalbaus wurde Aushub in die
sumpfigen Niederungen der Bäke verfüllt. Südlich der heutigen Schleuse
gewann man so ein befestigtes Gebiet. Bereits die Berliner Mörtelwerke
Robert Guthmann GmbH unterhielt in der Straße Am Hafen einen Umschlagplatz.
"Mörtelwerk Klein-Machnow a.
d. Schleuse" ist auf einem Verkaufsplakat zu lesen. Wann die Firma
dort aktiv wurde, sei nicht bekannt, erklärt Günter Käbelmann, vermutlich
aber kurz nach dem Ersten Weltkrieg. Der Heimatforscher entdeckte das
Plakat, auf dem das Firmengelände an der Schleuse eingezeichnet ist. Es
stammt aus dem Jahr 1932, der Hoch-Zeit des Siedlungsbaus in Kleinmachnow.
Kalk, Kies, Splitt, große Mengen Baumaterial lagerten auf dem Hafengelände.
"Am Hafen 1" traf man sich in "Westedts
Bierklause". Eines von etlichen Ausflugslokalen, die sich im Zuge des
Kanalbaus rund um die landschaftlich schön gelegene Schleusenanlage
angesiedelt hatten und auch Berliner in Scharen ins Grüne zogen. In
Nachbarschaft der Wirtschaft gab es einen Bootsschuppen mit Reparatur und
Verleih. Berliner hatten da Boote liegen, erinnert sich Joachim Westedt,
dessen Großvater, der Gastwirt Heinrich Westedt, 1941 starb. Unter dem
Namen "Hafenklause" hat Werner Polzin die Wirtschaft kennen
gelernt, der 1951 zusammen mit anderen Lehrlingen in die neue
Wasserbauschule Kleinmachnow kam. Im Jahr darauf schloss das Gasthaus.
Die Gebäude beherbergten dann einige Jahre eine Kantine und waren
Stützpunkt des Personenkraftverkehrs, bevor besagte Wasserbauschule, das
heutige Berufsbildungszentrum Kleinmachnow, dort Lehrwerkstätten
einrichtete. Bis 1978 wurden in den Erdgeschossräumen und Garagen der
"Hafenklause" sowie im Bootsschuppen, den man dem Besitzer Paul
Haupt abgekauft hatte, Lehrlinge ausgebildet. Später wurde das Gasthaus
abgerissen. Ungefähr an dieser Stelle befindet sich heute ein Stützpunkt
des Wasser- und Schiffahrtsamtes Berlin.
Der Hafen selbst hätte 1946 beinahe eine Renaissance erlebt. Er sollte als
Gemeindeablage- und Umschlagplatz zur "Förderung des
Wiederaufbaus" zu neuem Leben erweckt werden. Das belegt ein
Schriftverkehr, der im Nachkriegsjahr zwischen der Gemeinde Kleinmachnow
und der Deutschen Zentralverwaltung des Verkehrs in der sowjetischen
Besatzungszone, Generaldirektion Schiffahrt sowie der Berliner Bürgerbräu
Aktiengesellschaft geführt wurde. Sämtliche Wasserstraßen zwischen Elbe und
Oder unterstanden zu diesem Zeitpunkt der russischen Militärverwaltung in
Karlshorst.
In dem Briefverkehr, den Käbelmann zusammengestellt hat, geht es auch
darum, wie Kran- und Transportanlagen für den Umschlagplatz Kleinmachnow zu
bekommen seien. Im zerstörten Nachkriegsdeutschland kein leichtes
Unterfangen. Die schwierige Verkehrslage wiederum rückte die Wasserstraßen
in den Blickpunkt. Zumal eine "Inbetriebnahme des Teltowkanals",
wie es hieß, "einen Ausgleich zu einem fehlenden Güterbahnhof im
Gemeindebezirk" geschaffen hätte. So wird auch die Berliner Bürgerbräu
vom Kleinmachnower Bürgermeister gebeten, Drehkräne eines früheren
Biertransportdepots der Gemeinde pachtweise zu überlassen. Diese
"leichte Anlage" jedoch, die für das unbefestigte Ufer am
Umschlagplatz tragbar gewesen wäre, nutzte bereits ein Holzgroßhandel.
Die Gemeinde rechnete mit einer täglich umzuschlagenden Gütermenge von 150
bis 250 Tonnen. Man dachte an Baumaterial, aber auch an Kohle, Kartoffeln
und Gemüse für die rund 20 000 Einwohner von Kleinmachnow und Stahnsdorf,
die so via Wasserweg hätten versorgt werden können. Am Hafen sollten
Pferdegespanne die Güter übernehmen. Gerechnet wurde auch mit dem
Großbetrieb Dreilinden Maschinenbau DLMG, der den Hafen in Anspruch nehmen
würde. Dazu kam es nicht. DLMG wurde von den Sowjets demontiert.
Die Annahme, dass der Teltowkanal "im Spätsommer wieder schiffbar
sein" würde, wie es in den Briefen von 1946 heißt, erwies sich
ebenfalls als zu optimistisch. Alle 54 Brücken, die einst den Kanal
überspannten, waren zerstört, darunter auch die "Badewitzbrücke"
in Höhe des Zehlendorfer Damms. Sie lag im Wasser und blockierte den Kanal.
Eine Holzkonstruktion für Fußgänger nahm bis in die späten siebziger Jahre
ihre Stelle ein. Da war es längst still geworden - am und um den
Teltowkanal.
(Potsdam-Mittelmark)