Märkische Allgemeine Zeitung 11.03.06
Am 1. Januar 1948 wurde aus der GmbH Volkseigentum. VEB Askania
Teltow startete in die neue Zeit mit knapp 500 Beschäftigten. Die stellten
bis 1961 beispielsweise Technik für die Seefahrt her: Maschinentelegrafen,
Klinometer, Lotmaschinen und Kompasse. Nach einer erfolgreichen Klage der Askania
AG vor dem Internationalen Gerichtshof erhielt der Betrieb 1954 den Namen
"VEB Geräte- und Reglerwerke Teltow".
Zwei Jahre zuvor waren die Weichen für die
Industrieautomatisierung gestellt worden. Dazu gehörten neben der
Produktion von Mess- und Regelgeräten auch Projektierung, Montage und
Inbetriebnahme von Anlagen. Die Regelungssysteme auf hydraulischer,
pneumatischer und elektronischer Basis fanden bis 1991 Abnehmer unter
anderem in Brasilien, Finnland, Syrien, Indien, Frankreich und Kamerun -
für die DDR eine lukrative Einnahme von Devisen.
Aufträge wie die Automatisierung eines Kraftwerks in
Griechenland Ende der 80er Jahre brachten rund 50 Millionen Dollar,
erinnert sich Lothar Starke, Betriebsleiter von 1983 bis 1991.
Aber GRW-Technik war ebenso auf dem Eisbrecher "Krassin"
zu finden wie auch im Kernkraftwerk Nord Greifswald. Darüber hinaus gab's
in der DDR elf Betriebsteile und Außenstellen - von Stralsund über
Magdeburg und Treuenbrietzen bis Leipzig, Dresden und Pirna. Gesteuert
wurden mit der GRW-Technik unter anderem alle Kraftwerke, Chemieanlagen und
Ampelkreuzungen der Republik.
Mit dem Prozessleitsystem "audatec" kam
1984 die Mikroelektronik mit Mikroprozessoren in der
Industrieautomatisierung zum Einsatz. Manche dieser Anlagen sind bis heute
aktiv. So regelte eine audatec-Anlage noch bis vor kurzem die Luftzerlegung
in der PCK Raffinerie GmbH in Schwedt. GRW entwickelte
Halbleiter-Drucksensoren, die in Kooperation mit "Mikroelektronik
Stahnsdorf" gefertigt wurden und in audapas-Betriebsmessgeräten
Verwendung fanden. Mit dieser Technologie besaßen die GRW als einer von
wenigen Betrieben weltweit eine Vorreiterrolle.
Darüber hinaus hatte auch der Teltower
Betrieb sein Scherflein zur DDR-Konsumgüterproduktion beizutragen. Er stellte
den bekannten "Kontakt-Grill" her, der in modifizierter Form sogar im
Westen Deutschlands unter dem Namen Siemens zu haben war.
Die Geräte- und Reglerwerke zählten zu den
Vorzeigebetrieben der DDR. Staats-chef Nikita Chrustschow ließ sich 1959 in
Leipzig am Messestand des GRW sehen. 1986 wurde eine Delegation des Deutschen
Bundestages durch den Betrieb geführt. 1987 stattete mit Siegmund Jähn der
erste Deutsche im Weltraum einen Besuch ab und im Dezember 1988 kam der
jugoslawische Staatspräsident.
Wie in der DDR üblich, organisierte auch dieser
Großbetrieb das soziale, kulturelle und sportliche Leben seiner Mitarbeiter:
Neben Arbeitertheater, Kabarett, Chor und Blasorchester gab es die Zirkel für
schreibende Arbeiter, Maler und Zeichner sowie Kunstgewerbe und
Textilgestaltung. Fünf Büchereien und eine Abteilung für Foto- und Schmalfilm
ergänzten das Angebot. Poliklinik, Kindergarten, Werkswohnungen und
Betriebsschule kamen hinzu. Für die Erholung standen unter anderem seit Anfang
der 70er Jahre ein Zeltlager für Lehrlinge mit 240 Plätzen sowie pro Jahr mehr
als 1500 Urlaubsplätze zur Verfügung.
Mit der politischen Wende wurde aus dem VEB GRW eine
GmbH. Partner war die Siemens AG, mit der bereits langjährige Beziehungen bei
der Automatisierung von Kernkraftwerken bestanden. Zum 1. April 1991 wurde der
Anlagenbau mit 1200 Mitarbeitern an Siemens verkauft und mehr als ein Jahr
später nach Berlin verlagert. Ein Großteil der GRW-Belegschaft verlor jedoch
den Arbeitsplatz. Zwar gab es zahlreiche Ausgründungen, die sich aber oftmals
nicht halten konnten: Dazu gehörten die Automatisierungstechnik und die GRW
Druckmesstechnik Teltow GmbH, für die 1994 das Gesamtvollstreckungsverfahren
eröffnet wurde. Die Konkursmasse der Druckmesstechnik wurde von Endress+Hauser
aus Baden-Württemberg aufgekauft, wobei die Produktion der
Halbleiter-Messumformer in Teltow verblieb. Damit lebt dieses Know how der
Geräte- und Regler Werke bis heute fort.
Lange Zeit noch erinnerte ein Logo auf dem einstigen
Verwaltungsgebäude an der Potsdamer Straße an die GRW. Ende 2002 wurde das Haus
abgerissen. Heute sind auf dem Gelände verschiedene Firmen unterschiedlicher
Branchen angesiedelt. "O2 Mobil" ist dabei.
Die MAZ-Serie "100 Jahre Teltowkanal" steht im
Internet unter www.MaerkischeAllgemeine.de/teltowkanal.