Märkische Allgemeine Zeitung 21.02.06
JOSEF DRABEK
K LEINMACHNOW Der zweite Vortrag des Heimatvereins
Kleinmachnow zum 100. Geburtstag des Teltowkanals beschäftigte sich direkt mit
der Geschichte der Wasserstraße. Vorsitzender Rudolf Mach skizzierte einleitend
sieben historische Abschnitte des Bauwerks und übergab an Vereinsarchivar
Günter Käbelmann zum Hauptbeitrag. Über 30 Zuhörer im
Industriemuseum lauschten den locker vorgetragenen, weniger bekannten, aber
interessanten Themen.
Östlich der Schleuse
Für v iele war neu, dass es
östlich der Schleuse an der Südseite des Kanals einen Hafen gab. Die Fläche war
während der Bauarbeiten Lagerplatz und danach verwildert.
Dies nutzte das Berliner Kalksandsteinwerk Robert
Gutmann, um per Schiff Material anzulanden, das Kleinmachnower Häuslebauer benötigten. Zwar war der Umschlag gering, aber
immerhin sollen so über 300 Eigenheime in der Gemeinde entstanden sein.
Um keine Hafengebühr bezahlen zu müssen, deklarierte der
pfiffige Unternehmer das Gelände als "Stätteplatz", auf dem sich ein
Bootshaus und eine aus Holz erbaute Gaststätte ansiedelten.
Während des Zweiten Weltkrieges lagerten im Lokal etwa 40
Tonnen Akten des Scharf-Verlags, die 1944 durch eine Brandbombe fast
vollständig vernichtet wurden. Nach 1945 errichtete der Kraftverkehr Potsdam
eine Kantine, und später die DDR-Wasserschutzpolizei ein Büro. Die Idee des
Bürgermeisters, einen richtigen Hafen mit Gleisen und Kran anzulegen,
scheiterte, weil die zerstörten Brücken keinen Schiffsverkehr zuließen.
Eines dieser Bauwerke war die östlich
des Machnower Sees gelegene Badewitzbrücke, benannt
nach Gottfried Badewitz, Justiziar des Landkreises Teltow und Stellvertreter
von Landrat Stubenrauch. Als Beamter zeichnete er für die juristische und
finanzielle Planung des Kanalbaus verantwortlich - eine Tätigkeit, die er neben
der Leitung eines Bankhauses und zweier Güter betrieb.
Dem findigen Juristen gelang es, den Landkreis in
Augenhöhe mit dem Deutschen Reich zu 50 Prozent an der Betreibergesellschaft
Teltowkanal AG zu beteiligen.
Für seine Verdienste erhielt Badewitz den erblichen
Briefadel und die Ehre, dass die unweit der
Prinz-Friedrich-Wilhelm-(Schleusen-)Brücke gelegene Überführung seinen Namen
bekam. Der 1945 zerstörte und danach wieder errichtete Bau hieß fortan
Friedensbrücke. Der anwesende Hubertus von Badewitz, Enkel des früheren
Namensgebers, plädierte dafür, die sach- und geschichtsfremde Bezeichnung zu
korrigieren.
Nordöstlich der Friedensbrücke lag einer der Torfstiche.
In einer Tiefe von vier Metern befand sich der fossile Brennstoff mit Dicken
bis zu 100 Zentimeter. Das begehrte Heizmaterial wurde mit dem Spaten
gestochen, bald auch maschinell gewonnen, anschließend geformt und getrocknet.
Nach dem Krieg verrichteten Kleinmachnower NSDAP-Mitglieder die schwere Arbeit,
später waren alle Einwohner aufgerufen, bei der Gewinnung von
"Brenntorf" zu helfen.
Umschwärmter Rennfahrer
Die L agerstätte unterstand der
Torfgesellschaft Mahlow, die auch den Verkauf organisierte. Technischer Leiter
war der Motorradrennfahrer Bernhard Petruschke, von
dem ältere Zuhörer geradezu schwärmten. Bei Abholung kostete ein Zentner Torf
vier, bei Lieferung fünf Reichsmark. In den 50er
Jahren ist der Abbau eingestellt worden.
Interessante Geschichten wussten auch Aktivisten des
Naturschutzes wie Georg Heinze, Peter Ernst, Gerhard Casperson
und Axel C. W. Mueller zu erzählen. Stories von der
feuchten Festwiese im Bäketal und den
"Observierungsbungalows" am Machnower See
fanden ebenso Gefallen wie die Bürgerinitiativen zur Verhinderung massiver
Abbaggerungen an den Kanalufern. Zu weiteren Vorhaben des Heimatvereins gehören
eine Ausstellung prähistorischer Funde beim Kanalbau und die Dokumentation der
Treidelbahnrelikte.
Dass auch die Kunst ihren Platz findet, bewies Fiorenza Renn, Lehrerin an der Steinwegschule, die an ihrem
Geburtstag zum Vortrag erschien. Ihre Klasse hat beim Edis-Malwettbewerb
zum Jubiläum den ersten Preis gewonnen und ihre Theatergruppe wird zur Feier am
2. Juni ein Stück aufführen, das einen Monat vor der Eröffnung des Kanals
spielt. Auf die jungen Schauspieler kann man jetzt schon gespannt sein.
Weitere Veranstaltungen im Industriemuseum Kleinmachnow,
Meiereifeld 33/35, zu "100 Jahre Teltowkanal": Mittwoch, 8. März,
18.30 Uhr, Wirtschaftsfaktor Teltowkanal; Mittwoch, 12. April, 17 Uhr, Der
Teltowkanal als ehemalige Grenze; Mittwoch, 10. Mai, 17 Uhr, Historisches
Filmmaterial zum Teltowkanal.