Märkische Allgemeine Zeitung 18.01.06
Ruhezone im Industriegebiet
Teil 15 / Tek km 08,20: Bäketal
MATTHIAS ANKE
Am 16. November 1978 war
zwischen den Beauftragten des Senats von Berlin und der DDR eine Vereinbarung
über eine Öffnung des Teltowkanalabschnitts Tek km 00,00 bis Tek km 15,10
geschlossen worden. Für die Bagger-, Ausbau- und Instandsetzungsarbeiten
zwischen Glienicker Lake bis westlich der Eugen-Kleine-Brücke erhielt die DDR
einen Pauschalbetrag von 70 Millionen DM.
Ziel dieser Maßnahmen
war es, den Kanal für einen "zweischiffigen" Verkehr und eine
Abladetiefe von zwei Meter auszubauen. Eine Sonderregelung gab es auf den
Streckenabschnitten, bei denen die Grenze in der Mitte des Kanals verläuft.
Hier wurden die Uferbefestigungsarbeiten im Auftrage des Generalauftragnehmers
VEB Wasserstraßenbau Berlin von einer West-Berliner Firma ausgeführt. Im
Bereich von Tek km 3,3 bis Tek km 4,7 wurden die Bauarbeiten im Auftrage des
Senators für Bau- und Wohnungswesen vorgenommen. Der Kanalabschnitt wurde am
20. November 1981 für den Transitgüterverkehr freigegeben.
Am Machnower See wurde
der ausgebaggerte Schlamm mit Wasser verdünnt und auf die Bäkewiesen gepumpt.
So entstand bei Kilometer Tek km 08,20 eine acht Hektar große, planierte
Freifläche. Auf dieser sollte der "Kultur- und Freizeitpark Bäketal"
entstehen. Das Projekt wurde am 14. August 1985 durch den Rat des Kreises
Potsdam bestätigt.
"Seiner Lage und
seinem Charakter nach eignet er sich bei entsprechender Pflege für den
Feierabend und die Wochenenderholung. Er stellt eine Ruhezone im
Industriegebiet Teltow-Stahnsdorf dar." Die Akademie der
Landwirtschaftswissenschaften der DDR legte darüber hinaus fest: "Das Ziel
aller Maßnahmen ist die Erhaltung dieser Wiesen-aue. Sie gewinnt infolge des
Wachstums der Stadt Teltow im Hinblick auf die Anforderungen des
Erholungswesens und zusätzlich im Interesse der gezielten Förderung
biologischer Artenmannigfaltigkeit neuerdings erheblich an gesellschaftlicher
Bedeutung."
Beachtet werden sollten allerdings auch die Hinweise des
Kreisnaturschutzaktivs. Dieses hatte bereits 1982 einen Pflegeplan für das
Bäketal entworfen. Es forderte nun, dass die Versorgungsanlagen "abseits
im Bereich des alten Gutshofs gebaut werden, wo zudem die vorhandene Wasser-
und Stromversorgung genutzt werden könnte. Vor allem aber müsse der (geplante)
Paradeplatz mit dem bereits seit 1942 ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiet
vereinbar sein".
Auf dem
"Spülfeld" entstand ein Aufmarschplatz für die Region Teltow,
Stahnsdorf und Kleinmachnow. Ein Hügel wurde mit Betonplatten belegt und zur
Tribüne gestaltet. Ringsum wurden Eisenpfosten als Aufhänger für die
Lautsprecher in die Erde eingelassen. Das nachwachsende Gras machte die
Festwiese komplett - bis die Bewährungsprobe anstand.
Als sich die Bevölkerung
der Region am 1. Mai 1985 bei strömendem Regen freiwillig-unfreiwillig zur
ersten Großdemonstration auf der Wiese versammelte, versank sie knöcheltief im
Morast. Nur wer auf der gepflasterten Tribüne stand, bekam keine nassen Füße.
Der Aufmarsch im Bäketal blieb einmalig. In den Jahrzehnten nach dem
Teltowkanalbau war das Gelände zu einer Heimstätte seltener Pflanzen und Tiere
geworden. Fieberklee, Pfaffenhüttchen, Zungenhahnenfuß und die
Sumpfgänsediestel schlugen Wurzeln, 52 Vogelarten brüten in den Büschen, elf
davon - wie auch der Eisvogel - stehen auf der "Roten Liste"
gefährdeter Tiere. Einige der Sumpfwiesen, auf denen einst das Vieh der Familie
von Hake weidete, sind noch erhalten. Sie werden im Rahmen des praktischen
Unterrichts von den Lehrlingen der Wasserbauschule Kleinmachnow gepflegt. Die
Festwiese hat den Kanalschlamm "verdaut". Inzwischen weisen rund 50
Holzschilder des Fördervereins Landschaftsschutzgebiet Buschgraben/Bäketal auf
einen Naturlehrpfad hin. Gräser und Sträucher haben die Betonplatten der
Tribüne überwuchert. Die Natur hat sich zurückerobert, was der Mensch ihr
entreißen wollte.