Märkische Allgemeine Zeitung 04.01.06

 

Bewegte Bilder aus der Region
Tek km 12,60: Lokaler Fernsehsender "TeltOwkanal"/ 100 Jahre Teltowkanal (Teil 11)

Teltow

HEINZ HELWIG

Inmitten der Vorbereitungen zum Jubiläum des einhundertjährigen Teltowkanals feierte fast unbemerkt von der Öffentlichkeit ein Namensvetter ein Zehntel jener Zeit, die mittlerweile schon den Fluss hinuntergegangen ist. Das lokale Kabelfernsehen "TeltOwkanal" begrüßte am 23. Dezember 1995 Punkt 12 Uhr mittags zum ersten Mal seine Zuschauer in der Teltower Region.

Es war im November 2005: Der Medienrat Berlin-Brandenburg hatte alle 36 regionalen Fernsehstationen des Landes Brandenburg ins Courtyardhotel nach Teltow eingeladen. Präsentiert wurde eine Studie über die Wirksamkeit von Regionalsendern. TeltOwkanal-Gründer Eberhard Derlig glaubt es kaum: Mit 66 Prozent Bekanntheitsgrad und 47,7 Prozent erreichtem Zuschauerkreis liegt das Fernsehen aus Teltow an der Spitze der Mark. "Wenn ich mir die ersten Sendungen ansehe, wirkt es auf mich wie ein kleines Wunder, dass wir zehn Jahre lang durchgehalten haben."

Es sind die ersten Jahre nach der Wende, als der damalige Kulturamtsleiter ein Stadtporträt mit dem Titel "Teltow im Aufwind" dreht. Das Video wird im Studio der Jugendkunstschule produziert. Plötzlich entdeckt der einstige Regiestudent der Filmhochschule Babelsberg seine alte Leidenschaft wieder. In den folgenden Jahren entsteht eine Serie bildhafter Jahresrückblicke aus der Stadt.

Doch Derlig will nicht nur zeigen, was schon Geschichte ist. Die Teltower, die Stahnsdorfer und die Kleinmachnower sollen aktuell über das Geschehen in ihrer Region informiert werden. Es ist die Zeit, in der lokale Fernsehstationen wie Pilze aus dem Boden schießen. So stellt auch er ein Konzept für den Medienrat zusammen und bittet den Stahnsdorfer Grafiker Kurt Zieger, das noch heute gültige Logo für den Sender zu entwerfen. Einen Tag vor Heiligabend 1995 erhält der "TeltOwkanal" seine Sendelizenz. Stunden später kommt die erste Sendung in die Wohnzimmer.

 

"Wir wurden sofort ernst genommen. Es gab sogar Leute, die haben genau Buch darüber geführt, wer wie viele Minuten im TeltOwkanal zu sehen war." Die Glaubwürdigkeit seiner Beiträge ließ den Regionalsender mit den Jahren beliebt werden. Ein Ereignis nur zeigen und dieses kommentieren, das kann jeder. Die Leute aber im Originalton zu Wort kommen zu lassen, das wird für die Zuschauer erst so richtig interessant, lautet die Philosophie der Teltower "Kanalarbeiter".

Nicht die geschliffenen Berichte wie bei großen Fernsehanstalten, sondern eine lebendige Live-Atmosphäre bekommt der Zuschauer ins Haus geliefert. Dafür schreckt Derlig nicht davor zurück, den davoneilenden Gerhard Schröder mit einem energischen "Umdrehen!" zurückzurufen - schon grinst der Altbundeskanzler in die Linse. Auch Innenminister Jörg Schönbohm, mittlerweile schon Stammgast bei den Jahresfeiern, oder die Schauspieler Günther Schubert und Jürgen Zartmann saßen im "Gläsernen Studio" in der Ruhlsdorfer Straße 130 schon Rede und Antwort.

Die Themen suchen sich die drei fest Angestellten und die 23 freien Mitarbeiter selbst. Der Rest sind offizielle Termine und Tipps, die täglich hereinkommen. Wöchentlich berät die Runde, welche Schwerpunkte die jeweiligen Sendungen haben sollen. Maximal 15 Beiträge in unterschiedlicher Länge von fünf bis fünfzehn Minuten können in einer Programmschleife untergebracht werden, 2500 Beiträge können so im Jahr entstehen. Aus der einstündigen Sendung vom Anfang sind mittlerweile zwei Programmstunden in je zwei Sendungen pro Woche geworden. Mittwochs und samstags werden die zuvor im Teltower Studio aufgezeichneten Schleifen um 12 Uhr mittags automatisch gestartet und anschließend immer zur vollen Stunde wiederholt. Drei Tage bleibt dem Fernsehteam jedesmal, um eine neue Sendung zu produzieren.

 

"Die Highlights packen wir in die Samstagausgabe. Da erreichen wir mehr Zuschauer." Es soll Familien geben, die ihr Mittagessen nach der Sendezeit des "TeltOwkanals" ausrichten. Andere wiederum schneiden die Mittwochssendungen mit, um sie sich am Wochenende ansehen zu können.

Längst haben weitere Städte den Wert des Lokalfernsehens erkannt. Nachdem Ludwigsfelde 1998 sein "tv-lu" erhielt, folgten im Jahresabstand "luck-tv" (Luckenwalde), "sabinchen-tv" (Treuenbrietzen), jüterbog-tv und rangsdorf-tv. Aus dem Teltower Studio heraus werden annähernd 120 000 Zuschauer in fünf Städten und 21 Gemeinden der Landkreise Potsdam-Mittelmark, Teltow-Fläming und Dahme-Spree erreicht. Ein Netz von ehrenamtlichen Korrespondenten sorgt für Informationen, mitunter wird bei den Nachrichten auf die Originalquelle "Märkische Allgemeine Zeitung" verwiesen.

Für Abiturienten und künftige Mediengestalter ist das Fernsehstudio in der Ruhlsdorfer Straße als Praktikumsplatz interessant geworden. Zwei ehemalige Mitarbeiter des "TeltOwkanals" arbeiten heute als selbstständige Journalisten.

Neben der räumlichen Erweiterung hat der "TeltOwkanal" mehrere technische Umwälzungen überwunden. Die anfängliche SVHS-Technik ist digitalen Systemen gewichen. Die Programm-Datenträger müssen nicht mehr mit dem Pkw zu den elf Einspeisestationen der Kabelnetze gebracht werden. Gemeinsam mit anderen Regionalsendern in Brandenburg und der Landesmedienanstalt arbeitet Eberhard Derlig an einer Vernetzung der lokalen Stationen, um ausgewählte Programme von übergreifendem Interesse untereinander auszutauschen. Für die Teltower ist das der einzige Kompromiss. Fremdangebote werden konsequent abgelehnt. "Wir bleiben lokales Fernsehen."

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