Märkische Allgemeine Zeitung 21.12.05
Sie klappert nicht mehr
Tek km 08,20: Bäkemühle / "100 Jahre
Teltowkanal" (Teil 7)
JÜRGEN STICH
Mit dem Bau des Teltowkanals vor 100 Jahren ist der Bäkemühle
das Wasser abgegraben worden. Der Kanal wurde durch den Machnower See gelegt
und nahm dem Fluss die Kraft. Die Kleinmachnower Wassermühle klapperte nicht
mehr. Es folgten verzweifelte Versuche, dem historischen Gebäude einen neuen
Sinn zu geben.
Ausgerechnet im Jubiläumsjahr der Wasserstraße deutet
sich nun ein neues Kapitel an. Am 1. Januar 2006 übernimmt der Koch Ronny Pietzner
als Pächter die seit 1990 in der Bäkemühle etablierte Gaststätte. Der Teamchef
der "Deutschen Nationalmannschaft der Köche" hat weit reichende
Pläne, die er gemeinsam mit der Eigentümerin des Gebäudes, der auf Garten-, Landschafts-
und Sportplatzbau spezialisierten Alpina AG, umsetzen will. Für den 27 Jahre
alten Sputendorfer bedeutet die Übernahme zudem die Rückkehr in seine Heimat.
Dabei haben es die Zeitläufe mit der bereits im 14.
Jahrhundert nachgewiesenen Mühle nicht immer gut gemeint. Der alten Hakeburg
vorgelagert, war sie an einem strategisch wichtigen Übergang über die Bäke
errichtet worden und diente auf dem Handelsweg von Leipzig nach Spandau auch
als Zollstation. Doch sie verfiel und musste im Jahr 1695 vom Burgherr Ernst
Ludwig von Hake "ganß Neue auß dem grunde erbauet" werden.
Als ob man dem Fließ schon damals nicht traute, bekam die
Wassermühle um 1800 zusätzlich ein Windrad verpasst. Französische, russische
und schwedische Truppen machten dem Gebäude während der Befreiungskriege von
1806 bis 1813 erneut den Garaus. Eine Metallplakette am Haus beschrieb einst
den Neuanfang: "Im Jahre 1856 anderweit von Grund aus neu erbaut durch die
Gebrüder von Hake." Die Gutsherren trieben das Mahlwerk mit einer
Dampfmaschine an. Am 23. Februar 1864 erscholl dann der Ruf: "Die Mühle
brennt!" Der Wiederaufbau erfolgte unmittelbar, auf die neue Technik wurde
jedoch verzichtet. Das war zu kurz gedacht, denn der Bau des Teltowkanals
verdammte das Wasserrad später zum Stillstand.
Mit dem Verkauf der Hakeschen Ländereien nördlich des Kanals an
Terraingesellschaften, die Villen und Siedlungshäuser errichten ließen, rückten
Bäkemühle und alter Ortskern an den Rand der aufstrebenden Vorortgemeinde. Im
Zweiten Weltkrieg gingen das von David Gilly erbaute Herrenhaus, Burg und
Wirtschaftshof in Trümmer.
Einsam war es um die Bäkemühle geworden. Noch bis in die 60er Jahre des
vergangenen Jahrhunderts wurde sie mit Hilfe eines elektrischen Antriebs als
Kornmühle betrieben, dann war Schluss. Der Verfall des "Junkererbes"
wurde billigend in Kauf genommen, Anfang der 80er Jahre schien die Sprengung
"wegen Einsturzgefahr" beschlossene Sache.
Doch Gemeinde und "übergeordnete Organe" hatten die Zeichen der Zeit
nicht erkannt. Einwohner verhinderten den Abriss und fanden in der
"Gärtnerischen Produktionsgenossenschaft Alpina" einen Partner. Sie
übernahm das Haus, in dem sich Schutt und Gartenabfälle meterhoch türmten, und
begann 1988 mit der Sanierung. Zehn Tage nach dem Vollzug der deutschen Einheit
wurde die Bäkemühle im alten, nun denkmalgeschützten Kleid am 13. Oktober 1990
als Gaststätte eröffnet.
Wenn Ronny Pietzner und sein Mitstreiter aus der Köche-Nationalmannschaft Nico Stähr
nun in wenigen Wochen den Betrieb übernehmen, warten große Aufgaben auf die
"Bäkemühle Gastronomie GmbH". Gefragt ist eine Vision für das gesamte
Areal. Auch Gemeinde und Landkreis müssen erkennen, dass jetzt die Chance
besteht, dem dahinvegetierenden alten Kleinmachnower Ortskern wieder ein
Gesicht zu geben.
Was dringend ansteht, ist die Rekonstruktion des Schlossparks und des Bäketals
westlich der Mühle, damit Terrassengäste und Einwohner Wege und Fließ wieder
erleben können. Die Verlegung des Eingangs auf die Nordseite der Mühle ist
zwingend. Sollte der Denkmalschutz Bedenken haben, sei an Schloss Blankensee
erinnert. Dort stimmte er einem modernen und sehr "gewöhnungsbedürftigen"
Flügelneubau zu, um die barocke Anlage vor Leerstand und Verfall zu retten.
Parkplätze für die Besucher von Gaststätte, Dorfkirche und Naturschutzgebiet
lassen sich auf dem verwahrlosten Gutshof einrichten. Die Fläche sollte dafür
in ihrer ursprünglichen Ausdehnung mit altem Kopfsteinpflaster belegt werden.
Für die Zukunft, die den Wiederaufbau der alten Hakeburg oder des Taubenturms
bringen könnte, ist damit nichts vergeben.
Es wird schwer genug für Pietzner und Partner, sich gegen städtebauliche Hässlichkeiten
im Osten und Süden durchzusetzen. Die Kreuzung am ruinösen Stahnsdorfer Hof ist
wahrlich kein vorzeigbares Entrée. An der historischen Nahtstelle der
Nachbarorte sollte also schnell etwas geschehen. Die Bäkemühle, der in der
Vergangenheit so übel mitgespielt wurde, hat gemeinsame Anstrengungen wahrlich
verdient.
Die MAZ-Serie "100 Jahre Teltowkanal" steht im Internet unter www.MaerkischeAllgemeine.de/teltowkanal
(Potsdam-Mittelmark)