Märkische Allgemeine Zeitung 01.12.05
Ein
Jahrhundertbauwerk feiert Geburtstag
Tek km 00,00 - Tek km 37,83 / Geschichten entlang
der Wasserstraße / "100 Jahre Teltowkanal" (Teil 1)
JÜRGEN
STICH
Wenn das "Jahrhunderbauwerk" Teltowkanal
gewürdigt wird, will auch die Zeitung der Region nicht hintan stehen. In den
kommenden Wochen und Monaten bis zur Jubiläumsfeier am 2. Juni 2006 wird der
"Potsdamer Landkurier" in seiner Serie "100 Jahre
Teltowkanal" Stationen, Orte und Ereignisse rund um den Wasserweg
beschreiben, um den Lesern die historische Bedeutung des Kanals, aber auch das
aktuelle Treiben rechts und links der Ufer nahe zu bringen.
In einem halben Jahr werden die anliegenden Gemeinden
Berlin, Potsdam, Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf sowie die Wasser- und
Schifffahrtsverwaltung des Bundes das einhundertjährige Bestehen des
künstlichen Wasserwegs begehen.
Was damals nach langer Vorbereitungszeit als Großprojekt
des damaligen Kreises Teltow und seines Landrats Ernst von Stubenrauch begann,
hat sich in der Folge zu einer Wasserstraße entwickelt, an der sich deutsche
Geschichte in besonderer Weise ablesen lässt. Kaiser Wilhelm II., der mit
Familie und kaiserlicher Jacht "Alexandria" am 2. Juni 1906 zur feierlichen
Eröffnung kam, bewies Weitblick, als er dem Teltowkanal eine Bedeutung zumaß,
die "weit über das Gebiet des nächstbeteiligten Kreises hinausragt".
Wenige Jahre nach der Inbetriebnahme der 37,83 Kilometer
langen Schifffahrtsstraße veränderte sich die Landkarte rund um die Hauptstadt
des Kaiserreichs. Der Kreis Teltow verlor im Norden nach Charlottenburg (1877),
Rixdorf und Schöneberg (beide 1899) nun auch Wilmersdorf (1907), das wie die
anderen Städte und Gemeinden nach Selbstständigkeit strebte. Mit der Bildung
Groß-Berlins im Jahr 1920 lag schließlich ein großer Teil des Wasserwegs auf
Berliner Gebiet. Bereits ein Jahr zuvor war der Kreis-Kanal zu einer
Reichswasserstraße erhoben worden, verwaltet von einer Aktiengesellschaft, an
der Kreis und Reich gemeinsam beteiligt waren.
Die
soziale und wirtschaftliche Bedeutung des Teltowkanals war enorm. Als
"Vorfluter" der südlichen Berliner Bezirke und der wachsenden
Vorstädte schaffte er die hygienischen Voraussetzungen für deren weitere
bauliche Verdichtung. Industriebetriebe siedelten sich an, Häfen wurden gebaut.
Der Bauboom, von dem Berlin und seine Vororte erfasst wurden, wäre ohne
Transport von Baumaterialien auf dem Teltowkanal kaum möglich gewesen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg, dem Mauerbau und der Teilung
Berlins markierte der Teltowkanal die deutsch-deutsche Grenze. Sie verlief
schwer durchschaubar zum Teil genau in der Mitte der Wasserstraße, andere
Abschnitte des Kanals lagen dagegen entweder in ganzer Breite auf dem Gebiet
der DDR oder West-Berlins. Ketten und Gitter, die quer über das Wasser gespannt
waren, versperrten den Weg. Für die Schifffahrt gab es kein Durchkommen mehr.
Mehrmals versuchten DDR-Bürger, die Wasserbarriere
schwimmend zu überwinden. Einige von ihnen starben im Kugelhagel der
Grenzsoldaten und ertranken. Dieses traurigste Kapitel der Kanalgeschichte darf
nicht ausgeblendet werden und verleiht der Freude über die Wiedereröffnung des
Schiffsweges nach der Wende eine nachdenkliche Note.
Inzwischen verbindet der Teltowkanal im wiedervereinigten
Deutschland wie in alten Zeiten Potsdam und Berlin, aber auch zwei Bundesländer
miteinander. Er mobilisiert Bürger der anliegenden Gemeinden, sich für den
Erhalt seiner Auen und Ufer einzusetzen, beschäftigt Bauingenieure und
Wasserbauer und ist auf diese Weise erneut zu einer Herzensangelegenheit der
ganzen Region geworden.
Die
MAZ-Serie "100 Jahre Teltowkanal" wird unterschiedlichste Aspekte
beleuchten. Zwei Partner haben ihren Sachverstand mit eingebracht: das Wasser-
und Schifffahrtsamt Berlin und hier insbesondere die Außenstelle Neukölln, die
für den Teltowkanal zuständig ist, sowie die Landesvermessung und
Geobasisinformation Brandenburg.
Auf einem "Polizeischiff" des Wasser- und
Schifffahrtsamtes wurde der Teltowkanal mehrmals durchfahren und besichtigt.
Die Informationen, die Redaktion und Autoren dabei erhielten, sind
unentbehrlich. Die Fachleute haben zur Kennzeichnung der Orte auch das Kürzel
"Tek km" vorgeschlagen, das den Texten immer voransteht. So
bezeichnet zum Beispiel "Tek km 12,50" einen Ort am Teltowkanal, der
12,5 Kilometer kanalaufwärts liegt. Denn es gilt zu beachten: Gemessen wird
gegen die Fließrichtung von West nach Ost. Bei Potsdam liegt also Tek km 00,00,
das "Ende" mit Tek km 37,83 ist bei Grünau erreicht, wenn der
Teltowkanal in die Dahme mündet.
Um die Orientierung für den Leser zu erleichtern, hat die
Landesvermessung und Geobasisinformation Brandenburg Kartenausschnitte von
hoher Qualität zur Verfügung gestellt, die jedem Text beigegeben werden. Die
Landesvermessung, zuständig für die Grundlagenvermessung im Land Brandenburg,
kann auf eine lange Tradition und profundes Kartenmaterial zurückgreifen. Ihre
Veröffentlichungen sind die Basis aller Kartenwerke, die das märkische
Territorium betreffen.
Die MAZ-Serie "100 Jahre Teltowkanal" will
informieren, sie soll die Leser aber auch animieren, selbst auf
Entdeckungsreise zu gehen. Denn die Wasserstraße stellt nicht nur eine
äußerliche Verbindung zwischen Berlin und Brandenburg her, sie ist vielmehr ein
gemeinsames Erbe der beiden Bundesländer, ein "Jahrhundertbauwerk",
auf das die Menschen in der Region auch heute noch stolz sein können.
Die MAZ-Serie "100 Jahre Teltowkanal" steht im Internet unter www.MaerkischeAllgemeine.de/teltowkanal. (Potsdam-Mittelmark)