Märkische Allgemeine Zeitung 01.12.05
"Da
werden noch Tränen fließen"
Ab 2006 trifft der Nachwuchsmangel verstärkt
weiterführende Schulen / Fast alle Grundschulen sicher
FRANK
BÜRSTENBINDER
MITTELMARK Fast alle der 39 Grundschulen im Landkreis
können in den nächsten Jahren noch mit genügend Erstklässlern rechnen, um ihren
Fortbestand zu sichern. Allerdings gibt es Ausnahmen. Als derzeit
"einmaligen Fall" bezeichnete gestern André Hohmann, Sachgebietsleiter
Schulentwicklung und Kultur im Landratsamt, die Lage in Görzke. Dort wird es im
kommenden Jahr nur noch acht Erstklässler geben, mit denen sich laut Gesetz
keine neue Klasse eröffnen lässt. Der gestern in Belzig vorgestellte
aktualisierte Schulentwicklungsplan weist für die Folgejahre kaum mehr
Nachwuchs aus. "Dem Kreis sind die Hände gebunden. Die Gemeinde als
Schulträger oder das Amt Ziesar müssen politische Lösungen finden", so
Hohmann. Danach sieht es nicht aus. Für eine Veränderung der Schulbezirke
können sich die Kommunalpolitiker anderer Gemeinden nicht erwärmen (MAZ
berichtete).
Heikel bleibt die Situation in Roskow. Nächstes Jahr wird
mit 13 Einschulungen gerechnet, 2008 nur noch mit acht. Auch im Amt Beetzsee
ist es bekanntlich nicht gelungen, durch einen Neuzuschnitt der Schulbezirke
für Verstärkung in Roskow zu sorgen. "Wenn dann noch Schüler aus dem
Nachbarkreis Havelland wegbrechen, sehe ich schwarz", sagte Hohmann zur
Entwicklung im Norden Potsdam-Mittelmarks. Mit jahrgangsübergreifenden
Unterricht will sich die in Trägerschaft des Amtes befindliche Schule über die
nächsten zwei Jahre retten.
Insgesamt rechnen Fachleute für das Schuljahr 2006/07 mit
etwa 1800 Einschulungen im Kreis. Das sind etwa soviel wie in den letzten
beiden Jahren. Der tiefste Stand wurde 2000 mit nur 1400 Einschulungen
registriert. Dabei handelt es sich um die jetzigen 6. Klassen. Somit wird der
Schülermangel 2006 zum massiven Problem für weiterführende Schulen, von denen
einige schon heute wackeln. "Da werden noch Tränen fließen",
prophezeien die Schulentwicklungsexperten in Belzig. Vor zehn Jahren wurden in
Potsdam-Mittelmark noch 3000 Mädchen und Jungen eingeschult. Eine Zahl, die nie
wieder erreicht werden wird, ist man sich im Landratsamt einig. Zumal sich der
Einwohnerzuwachs deutlich abgeschwächt hat. Im letzten Jahr kamen unterm Strich
nur noch 554 Bewohner dazu. Das ist der geringste Zuwachs seit Bestehen
Potsdam-Mittelmarks. Dicke da stehen die Grundschulen vor allem im Potsdamer
Speckgürtel mit Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow.
In der Fläche bringt das geringe Schüleraufkommen weitere
Probleme mit sich. Mit dem drohenden Aus für weitere Bildungshäuser werden die
Schulwege immer länger, die logistischen Herausforderungen für die
Verkehrsunternehmen immer größer. Und: Schulen, die überleben, plagen sich mit
einem Ballast ungenutzter Räume herum. Rund 80 Prozent der Schulen haben zu viel
Kapazitäten. "Eine dramatische Situation für die Schulträger, wenn man an
die laufenden Kosten denkt", findet Volker Meinecke, Sachbearbeiter im
Schulverwaltungs- und Kulturamt. Auch der so genannte Raumfaktor lässt sich im
Schulentwicklungsplan nachlesen. Er beschreibt das Verhältnis zwischen
gebildeten Klassen zu den Räumen.
Das Schulverwaltungsamt empfiehlt den Kommunen, Ideen für
Nachnutzungen zu entwickeln. Mit der Integration einer Kita sei im
Grundschulgebäude von Radewege ein tolles beispielgebendes Projekt entstanden,
so Sachgebietsleiter Hohmann. Der ganze Plan im Internet unter www.potsdam-mittelmark.de