Märkische Allgemeine Zeitung 21.11.05
Vision
vom "Bürgerkulturhaus"
Trägerverein der Kammerspiele lud ein / Christa
Wolf will lesen
MATTHIAS
ANKE
KLEINMACHNOW Die Verhandlungen über den Ankauf der
Kammerspiele durch die Gemeinde Kleinmachnow lassen auf sich warten. "Der
Bürgermeister hat mich noch nicht aufgesucht", sagte der Besitzer der
Immobilie, Karl-Heinz Bornemann, am Freitag zur MAZ. Bürgermeister Wolfgang
Blasig war jedoch vor bereits zweieinhalb Wochen von den Gemeindevertretern
beauftragt worden, mit Bornemann Kaufverhandlungen zu beginnen. Bornemann, der
sich in der Vergangenheit bei diesem Thema zurückhielt, führt die Kammerspiele
bekanntlich in Eigenregie, seit die Gemeinde eine von ihm verlangte erhöhte
Pacht nicht mehr aufbringen wollte. Bislang hat Bornemann nur ein Verkehrswertgutachten
erreicht, dass die Gemeinde jüngst als Grundlage für den Ankauf erstellen ließ.
Die dort genannte Summe lässt Bornemann nun zumindest
weiter gesprächsbereit bleiben. Am Freitagabend ließ er gar den Trägerverein
Kulturhaus Kammerspiele Kleinmachnow e.V. in seinem Gebäude zusammen mit
interessierten Bürgern über dessen Zukunft debattieren. Und so ging man dort
dem Bürgermeister einen Schritt voraus: Es formierte sich aus den rund 40
Gästen ein Arbeitskreis, der sich mit der zukünftigen Betriebsform der
Kammerspiele beschäftigen will und dabei prüft, inwieweit sämtliche Bürger
daran beteiligt werden können. Vor allem ist zu klären, in welchem Umfang die
Kleinmachnower ihre Kammerspiele als Kulturhaus zurückhaben wollen. Ein
"Bürgerkulturhaus" müsse dabei entstehen, wie es die bündnisgrüne
Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm formulierte.
Obwohl
der Kauf des Hauses also noch in den Sternen steht, lässt sich nach Ansicht Behms,
die selbst Gründungsmitglied des Fördervereins der Kammerspiele ist, schon
jetzt "das vorhandene bürgerschaftliche Engagement bündeln". Die
nächsten Schritte seien dann die Übergabe des Gebäudes an den Verein und
schließlich eine erste Theaterpremiere, mit der die Zukunft des
"Bürgerkulturhauses Kammerspiele" beginnen könne. So gibt es einen
zweiten Arbeitskreis, der sich mit Inhalten beschäftigt.
Brandenburgs Ex-Kulturminister Hinrich Enderlein,
Regisseure, Schauspieler und Bühnenbildner, vor allem aber die zahlreich
anwesenden Bürger aus Kleinmachnow und sogar aus Berlin, sind der Meinung, dass
die Zukunft dieses Kulturhauses nur gesichert sein wird, wenn man es ohne
öffentliche Fördergelder in Fahrt bekommt. "Es ist unser erklärtes Ziel,
uns politisch unabhängig zu machen", sagte Regisseur Frank-Patrick
Steckel, der unter anderem Intendant am Bochumer Schauspielhaus war. Vielmehr
müsse auf private Sponsoren gesetzt werden. Laut Hinrich Enderlein gibt es
dafür genügend geeignete Bürger in Kleinmachnow. Und auch er stehe
"voll" hinter dem erarbeiteten Betriebskonzept, das der Kleinmachnower
Kulturausschuss befürwortet hat.
Das Konzept setzt auf drei Bausteine: ein Kino mit
niveauvollem Programm, die Nutzung als Theater, wobei das Potsdamer
Hans-Otto-Theater sich dafür bereits interessiert, und für Konferenzen oder
Lesungen. "Wenn ihr endlich zu Potte gekommen seid, werde auch ich da
sein", soll Christa Wolf mitgeteilt haben. Zudem werde das Haus über eine
gastronomische Einrichtung wieder belebt. "Wir sind auf mehreren Ebenen
aktiv, um eine breite Akzeptanz zu schaffen", sagte Ina Schott vom
Trägerverein. Laut Schott funktioniert der Betrieb der Kammerspiele bereits
"gedanklich". In diesem virtuellen Testlauf gebe es schon
"Personal", darunter auch Frank-Patrick Steckel. Denn die
Kulturschaffenden rechnen fest mit einer Einigung zwischen der Gemeinde und dem
Besitzer der Kammerspiele noch bis Jahresende. Im Dezember soll dann die
Öffentlichkeit erneut zu einem Gespräch eingeladen werden.