Märkische Allgemeine Zeitung 14.11.05
Vorreiter
für ganz Deutschland
Bürgermeister und Regionalplaner loben
Kleinmachnows Architektur
JÜRGEN
STICH
KLEINMACHNOW Bürgermeister Wolfgang Blasig (SPD) sieht
seine Gemeinde brandenburg- und deutschlandweit in einer
"Vorreiterrolle" für zukünftige Wohnformen. Der Ort sei seit der
Wende "einmal durchgeplant" und entsprechend verdichtet worden. Bei
einer "zweiten Welle" von Ansiedlungen wolle er "Zehlendorfer
Verhältnisse" aber nicht zulassen und sich dagegen wehren, dass die
theoretisch mögliche Einwohnerzahl von 28 000 erzwungen werde.
"Dass wir den Bau vieler Wohnhäuser in den Jahren
nach der Wende gefördert haben, war richtig, weil wir damit eine Zersiedlung
des Berlin fernen, ländlichen Raums verhindert haben", sagte Blasig zur
MAZ. In Zukunft gehe es aber um eine regionale Sicht beim Wohnungsbau,
"denn im Jahr 2020 haben Teltow, Stahnsdorf und Kleinmachnow mit denselben
Problemen zu kämpfen."
Die Nachbarkommunen müssten gemeinsam auf den
demografischen Wandel reagieren und "Wohnformen für ältere Menschen"
entwickeln. "Und zwar nicht am Rand der Orte, sondern mittendrin."
Zum anderen gehe es darum, jungen Familien, "die gerade beginnen",
günstige Angebote zu machen. Für diese Klientel schlägt Blasig den Bau von
Häusern vor, die kindgerecht und erschwinglich sind. Die Preise sollten 150 000
Euro nicht überschreiten.
"Ich will in Deutschland eine Debatte
lostreten", sagte Blasig. Die Region Teltow könne es sich leisten,
beispielgebend zu sein, mehr noch, man habe als kommunalpolitisch
Verantwortlicher "die Pflicht, über diese Dinge nachzudenken". Das
Gebiet zwischen Stahnsdorfer Damm und Stolper Weg, wo mehr als 200 neue
Wohneinheiten entstehen sollen, sei eine Chance, kreativ auf die Anforderungen
der Zukunft zu reagieren. Rückendeckung erhielt Blasig vom Chef der Regionalen
Planungsstelle Havelland-Fläming, Michael Knauer. Gemeinsam mit dem
Bürgermeister stellte Knauer jüngst das Internetprojekt "Suburbia"
vor. Dabei handelt es sich um eine virtuelle Tour durch "100 Jahre
Verstädterung in Kleinmachnow", die unter der Adresse www.suburbia-tour.de zu
besichtigen ist.
An 53 ausgewählten Beispielen aus verschiedenen
Zeitperioden werde die Wohnhaus-Architektur Kleinmachnows dokumentiert, so
Knauer. Dabei sei man auf "eine Fülle guter Lösungen" gestoßen, die
für andere Gemeinden und Bauherren als Vorbild dienen könnten.
"Suburbia" ist Teil des EU-Projekts "Via Baltica
Nordica", an dem die Region Havelland-Fläming seit fünf Jahren beteiligt
ist. Als es darum ging, touristische "Alleinstellungsmerkmale" des
Gebiets herauszustellen, habe man das Thema Verstädterung ausgewählt und mit
Kleinmachnow einen idealen Partner gefunden, sagte Knauer.
Die in den vergangenen Jahren von Gemeindevertretern und
Einwohnern immer wieder geübte Kritik an der massiven Bautätigkeit in
Kleinmachnow, ließ der Regionalplaner nicht gelten. "Mit Grausen muss sich
hier niemand abwenden." Vielmehr lobte er die "maßvolle Erschließung
des Ortes" und den "rücksichtsvollen Umgang" mit Freiflächen wie
zum Beispiel dem Bannwald.
Das sieht Bürgermeister Blasig nicht anders. So habe es
zwar um die Verdichtung der Villenkolonie eine "heiße Debatte"
gegeben, was heute dort stehe, sei aber gelungen und zeitgemäß.
"Bebauungspläne sind immer nur ein Angebot der Gemeinde, Flächen
architektonisch zu gestalten." Das werde in Ausschüssen und Gremien leider
oft nicht verstanden.