Märkische Allgemeine Zeitung 03.11.05
Maschendrahtzäune
gibt es überall
Kleinmachnower Schiedsstelle leistet erste Hilfe,
um Streits zu schlichten
MATTHIAS
ANKE
KLEINMACHNOW Aus einer Fliege wird schnell ein Elephant.
Spätestens wenn es um Hundekot vor der Haustüre, vom eigenen Grundstück nach
außen hängende Zweige, Kinderlärm oder den berühmten, angeblich falsch
verlaufenden Maschendrahtzaun geht, wird das schnell spürbar. Dann wird oft mit
einer Klage gedroht. Erwidert man das auch noch mit Beschimpfungen, ist der
Streit nicht mehr zu Vermeiden. Weil solche Situationen unter Menschen offenbar
alltäglich sind, hat Gisela Stahn alle Hände voll zu tun. Als Leiterin der
Kleinmachnower Schiedsstelle arbeitet sie zwar ehrenamtlich, kann aber jeden
dritten Dienstag im Monat im Rathaus aufgesucht werden.
Viele, die sich über ihre Anwälte bei Gerichten mit
Klagen melden, werden sogar zur Schiedsstelle zitiert. Denn häufig lässt sich
auch der auswegloseste Streit in letzter Sekunde noch schlichten. Geht es etwa
um Streitsummen bis zu 750 Euro, seien es Schadensersatzforderungen oder
ausstehende Rechnungen, hat die Schiedsstelle sogar schon Stammkunden.
Keine Urteile, nur Ratschläge
Bei kleineren Strafsachen wie Hausfriedensbrüche oder
Beleidigungen schickt jeder Staatsanwalt die Streitenden ebenso zunächst zu
Gisela Stahn, sofern die Betreffenden aus Kleinmachnow oder der Region kommen.
"Fast immer geht es jedoch um Nachbarschaftsstreitigkeiten", erzählt Stahn.
Der Knallerbsenstrauch am Maschendrahtzahn sorgt also nicht nur im Erzgebirge
für Aufsehen, wo es ein Streitfall sogar bundesweit in sämtliche Medien
geschafft hatte.
Kleinmachnows
Schiedsstelle, die es seit nunmehr zehn Jahren gibt, war einst eine der ersten
in Brandenburg. Heute sind es annähernd 290 im Land, in denen 500 zumeist
ehrenamtliche Mitarbeiter schlichtende Worte finden müssen. Denn es geht immer
nur darum, einen Konsens zu finden, auch wenn dabei "rechtskräftige
Titel" entstehen. "Wir fällen aber keine Urteile, sondern geben nur
Hinweise und erzielen Vergleiche", erklärt Schlichterin Stahn, die in rund
70 Prozent aller ihrer bisherigen Fälle erfolgreich war. So gebe es Klienten,
die als Nachbarn erst verstritten waren und dort, wo einst ihr Zaun stand,
heute zusammen grillen. "Einige Menschen gibt es allerdings immer, die
keinen Frieden wollen, bei denen die Anwälte Druck ausüben, weil sie
verständlicherweise auch ihr Geld verdienen wollen", behauptet Stahn.
Gelingt also keine Einigung, steht den Betroffenen der zumeist teure Weg zum
Gericht frei.
Die Schiedsstelle arbeitet hingegen preisgünstig.
Verlangt wird lediglich ein Kostenvorschuss von 50 Euro. Damit werden Auslagen
wie Schreibsachen, Porto oder Fahrtkosten der ehrenamtlichen Helfer abgedeckt.
Dafür ist in der Regel innerhalb von drei Monaten jeder Fall abgeschlossen. So
schnell arbeiten die meisten Gerichte nicht.
Raumproblem soll gelöst werden
Damit das in Kleinmachnow so bleiben kann, ist die
Schiedsstelle allerdings auf einen eigenen Raum angewiesen. Denn bislang fühlt
sich Gisela Stahn im neuen Rathaus noch nicht geborgen, weil sie jedes Mal
woanders hingeschickt werde. Nachdem sie jedoch jüngst ihre wirkungsvolle
Arbeit auch vor den Gemeindevertretern erläutert hatte, versprach Bürgermeister
Wolfgang Blasig, das Raumproblem umgehend aus der Welt zu schaffen.
Die nächsten Sprechstunden der Schiedsstelle finden am
15. November sowie am 20. Dezember, jeweils 18 Uhr, im Rathaus Kleinmachnow, Adolf-Grimme-Ring
10, statt.