Märkische Allgemeine Zeitung 26.08.2005

Kleinmachnower "Umweltpapst" Walter Haase tritt in Zukunft kürzer

MATTHIAS ANKE

KLEINMACHNOW Das Bemühen um die Bewahrung der Umwelt und des Ortsbildes, um eine moderate Siedlungsentwicklung und um die Minderung der Verkehrsbelastungen ist in Kleinmachnow fast immer mit einem Namen verbunden: Walter Haase. Der ehemalige Präsident des Landesumweltamtes war es, der Kleinmachnow bereits 1997 zu einer der ersten brandenburgischen Kommunen mit einer Lokalen Agenda machte.

Den Umweltausschuss, zugleich für Verkehrsfragen und Ordnungsangelegenheiten zuständig, rief er 1999 ins Leben. Der Schatzmeister des in seinen Augen "unvergleichlichen Reichtums" des Ortes - die großartige Stadtrandlage inmitten alter Baumbestände, Gärten und Parkanlagen - hat jetzt den Vorsitz des Ausschusses nach mehr als zwölfjähriger Mitgliedschaft in der Gemeindevertretung aus Altersgründen abgegeben.

Der 75-Jährige mahnt nun an, dass seine Gemeinde zahlreiche Konflikte noch nicht ausgeräumt hat. Besonders seitdem Kleinmachnows ungezügelte Bautätigkeit in den neunziger Jahren ihre Schatten warf, sich der Ort zu ungestüm entwickelte, würden einige Einwohner nur mit Unbehagen an ihre Heimat denken. Der Zuwachs auf heute bereits mehr als 18 000 Einwohner, die Verkehrsbelastungen, Flächenversiegelungen, Verluste an gemeindlichem Grün, auch die Ängste vor der Zerstörung des Ortscharakters und damit vor dem Verlust an Wohnqualität identifiziert Haase als Folgen unangemessener Bebauungsdichte.

Anstößig zeigten sich dabei besonders die teure Entwicklung des Gewerbegebiets Fashionpark, die Naturzerstörung für eine "von keinem Kleinmachnower benötigte und völlig überflüssige Wohnbebauung" auf dem GSW-Gelände, der Versuch, den Seeberg abzuholzen und die beabsichtigte Errichtung eines Hornbachmarktes, "der nicht gebraucht wird und die angestrebte Zusammenarbeit mit Teltow und Stahnsdorf konterkariert". Der für diese Entwicklung stehende Bauausschuss hat laut Haase zu keiner Zeit an die gelungenen Beispiele der Siedlungen Stolper Weg oder August-Bebel-Siedlung angeknüpft. Die nachhaltige Ortsentwicklung und der Umweltbereich seien nur Anhängsel geblieben.

 

Erst einer Bürgerbewegung, die sich vehement für eine maßvolle Siedlungsentwicklung einsetzte, gelang es ab Mitte der neunziger Jahre, Einwohner zu sensibilisieren und eine Umkehr zu einer nachhaltigen Entwicklung einzufordern. Als einer der Sympathisanten dieser Bewegung sah Haase einen Weg in der Gründung der Lokalen Agenda und in einem selbstständigen Umweltausschuss. "Wer den Umweltschutz auf kommunaler Ebene betreiben will, steht vor dem Problem, dass der Verwaltungsplan im Vergleich zu Finanzen, Bau, Kultur, Schule und Recht kein Ressort für Umwelt vorsieht und folglich kein Ansprechpartner zur Verfügung steht."

Leitbild zur Umwelt schmerzlich vermisst

Die Pflichtaufgaben im Umweltbereich beschränken sich zumeist nur formal auf den Erhalt des Gemeindegrüns. Die Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallbeseitigung werden gar im Zweckverband beziehungsweise im Landkreis erledigt. Eine "übergreifende Siedlungsökologie", ein "Leitbild für die Ortsentwicklung im Gleichklang mit Natur und Umwelt", hatte Haase vermisst. Erst seine Vorstellung, den Umweltschutz vom Bauausschuss abzukoppeln und die Ideen der Rio-Konferenz von 1992 mit einer Lokalen Agenda umzusetzen, brachten den Ort auf den Weg hin zur nachhaltigen Entwicklung. Es entstanden sieben Arbeitsgruppen, die sich zunächst erfolgreich mit Vorschlägen in den Bereichen Umwelt, Siedlungsökologie, Naturschutz, Klimaschutz und Verkehr in die Gemeindepolitik einbrachten. Das zunächst bedeutendste Ergebnis - wiederum von Haase initiiert - wurde das Leitbild zur Schaffung von Nachhaltigkeit für die Gemeinde, das von den Kommunalpolitikern auch akzeptiert wurde.

Der Umweltausschuss hatte es schwieriger. "Von Skepsis bis zur Ablehnung und Verweigerung der Zusammenarbeit reichte die Skala sowohl der Gemeindevertretung, vor allem aber der Verwaltung", ärgert sich Haase noch heute.

Trotzdem wurde ein neues Selbstverständnis in der Bevölkerung erreicht. Der Ausschuss wurde zunehmend wahrgenommen. Er bringt sich in die Gemeindepolitik ein, wie bei den Verfahren zum Schutz des Bannwaldes und zur Ausweisung von verkehrsberuhigten Bereichen. Nach den besonders erwähnenswerten Ereignissen der vergangenen Arbeitsjahre gefragt, verweist Haase auf die Mitwirkung am Verkehrskonzept der Gemeinde, die Begleitung des Seebergkonzeptes und "die Abwehr der von der Telekom beabsichtigten maßlosen Zerstörung".

Aber auch die gute Zusammenarbeit mit der Agenda, die Vorbereitung von Umweltpreisen und die regelmäßigen Treffen mit der Polizei zählt er zu den positiven Seiten der Arbeit. Maßgeblich mitbestimmt werden konnte auch der Ausbau des Stahnsdorfer Dammes. "Wir verhinderten die Entwertung eines der wertvollsten Erholungsgebiete der Parforceheide."

Weniger erfolgreich gestalteten sich bis jetzt die Versuche, den Klimaschutz in der Gemeinde voranzubringen. Mehr als bedauerlich, so Haases Auffassung, ist die mangelnde Bereitschaft der Verwaltung, die Bürger zu motivieren. "Eine erste Untersuchung, nach dem fifty-fifty-Modell Energieeinsparungen in den Schulen zu erreichen, wäre endlich ein Einstieg in diese längst fällige Aufgabe." Dabei soll jede Schule die Hälfte der von ihr eingesparten Energiekosten zur eigenen Verfügung behalten.

Zu den gegenwärtig laufenden Verfahren der Seebergbebauung und Wolfswerder befragt, meint Haase, dass er die jüngsten Pläne für Wolfswerder billigen kann: "Es wäre ungerecht, sollte der Eigentümer nur aufgrund der historischen Geschehnisse dort nicht mehr bauen dürfen."

Verheerend würde sich dem entgegen ein Kahlschlag auf dem Seeberg erweisen, wo die Telekom riesige Flächen vermarkten will. Bisher konnte das gerade noch verhindert werden. "Ich nehme selbst einen Rückzug der Internationalen Schule in Kauf, wenn es nicht zu einer für die Bürger unserer Gemeinde verträglichen Lösung kommt." Haase meint, die Drohgebärden haben vielen Bürgern bereits die Augen geöffnet.

Planungen der 90er sind längst überholt

Mit Blick auf die Zukunft sagt er, dass die Planungen aus der Mitte der Neunziger längst überholt sind, wo man glaubte, 28 000 Menschen könnten in den Ort "rein passen". Maximal 21 000 Einwohner fasst der Ort, mehr nicht, wie Haase schätzt. Sonst würde man im Verkehr ersticken. "Wir müssen weg vom Auto aufs Fahrrad", sagt Haase. Sein persönlicher Wunsch ist ein Citybus, wie es ihn zu DDR-Zeiten gab und der besser sei als eine S-Bahn, die am Ort vorbei führen würde oder eine Stammbahn, die für die Bewohner zu weit weg und unrealistisch sei.