Märkisch Allgemeine Zeitung 14.04.2005
Pfad
führt in die Vergangenheit
Kleinmachnows "Ort der Erinnerung" - eine sensible Gedenkstätte
MATTHIAS ANKE
KLEINMACHNOW Im "Ort der Erinnerung" gibt es nur einen Weg. Wer ihn
begeht, läuft zurück in die Vergangenheit. So sieht es jedenfalls die Idee vor,
nach der Kleinmachnows Gedenkstätte für die NS-Zwangsarbeiter auf dem Gelände
der einstigen Dreilinden-Maschinenbau GmbH derzeit gestaltet wird.
"Der Betrachter soll behutsam in diesen Ort hereingenommen werden",
erklärte Landschaftsarchitekt Ole Saß vom Büro "Landschaft Planen und
Bauen" jetzt vor dem Kulturausschuss der Gemeinde. Seine Darstellung der
entstehenden Gedenkstätte zeigt deutlich, was geplant ist und der Betrachter
vor Ort nur intuitiv erfahren wird: Man wandelt auf einem Pfad über die zwei
einzigen noch vorhandenen Fundamentplatten der alten Baracken. Sie sind begrünt
und mit Stahl eingefasst.
Zunächst wirkt nichts als nur eine flächige Ebene im Wald. Doch eine zwei mal
zwei Meter große Tafel aus rostig anmutendem Stahl gibt die Erklärung, denn auf
ihr lassen ein Text und ein Lageplan den Betrachter die Vergangenheit
erreichen.
"Dieser Ort nimmt die Materialität der Vergangenheit auf, ohne grell
aufzutragen", begründet Ole Saß die zurückhaltende Gestaltung der
Fundamente. Der Ort wirke dadurch ruhig - allerdings jetzt noch nicht. Denn in
diesen Tagen wird weiterhin an ihm gerüttelt. Die Landschaftsbauer legen
zunächst die Fundamente weiter frei.
Dann wird über den auf den Bodenplatten aufzutragenden Schichten - darunter
auch Fließ - Rasen gesät. Am Ende hebt eine Stahleinfassung die Kontur der
Platten hervor. "Auf diese Fundamente werden Substrate gebracht, um sie
für immer zu konservieren", erklärt Architekt Saß. Sie seien als
Bodendenkmale schließlich zu schützen.
Der genaue Wortlaut des Textes für die Gedenktafel ist in der Gemeinde noch
nicht vollends beschlossen. Eine Empfehlung gab der Kulturausschuss bereits an
die Gemeindevertreter. Der Heimatverein hatte zuvor einen Vorschlag dazu
verfasst. Wann der "Ort der Erinnerung" als Gedenkstätte eingeweiht
wird - und somit auch seine ihm versprochene Ruhe erhält - ist allerdings noch nicht
festgelegt. "Wir hoffen, Ende Juni alles gestaltet zu haben und Anfang
Juli die Platte setzen zu können", sagt Dieter Schubert von der Dreilinden
Entwicklungsgesellschaft, der das Projekt leitet.
Der 8. Mai als ursprüngliches Datum für die Einweihung lässt sich also nicht
halten. Mit dieser Gedenkstätte solle man nicht hasten. Sie entsteht als Ersatz
für eine originale Fremdarbeiterbaracke, die im Zuge der Errichtung eines
Wohngebietes abgerissen worden war. Auch sollen Zeitzeugen zur Einweihung
eingeladen werden.
Dass die Orte, die Ole Saß und dessen Planungsbüro anfassen, mit der Zeit zu
eindrucksvollen Stätten wachsen, dessen können sich die Kleinmachnower sicher
sein. Denn nicht nur im Berliner Umland hat er schon mehrere Objekte dieser Art
betreut. Im Jahr 2002 gewann Saß - damals noch als Student - den ersten Preis
im Wettbewerb um das Mahnmal für den Stuttgarter Nordbahnhof. Von dort aus
wurden zwischen 1941 und 1945 in Süddeutschland lebende Juden nach
Theresienstadt und Auschwitz deportiert.