Märkische Allgemeine Zeitung 09.03.05
Streit
um Begriff "Befreiung"
Kleinmachnower Turbulenzen zur Bewertung des Kriegsendes
JÜRGEN
STICH
KLEINMACHNOW Innerhalb des Kleinmachnower Heimatvereins ist ein heftiger Streit
um die Bewertung des 8. Mai 1945 als "Tag der Befreiung"
ausgebrochen. Fred Weigert, Vorstandsmitglied des Vereins und
CDU-Gemeindevertreter, bezeichnete den Begriff "Befreiung" im
Zusammenhang mit dem Kriegsende jüngst als "Ulbrichtsche
Reminiszenz".
In einem der MAZ vorliegenden Schreiben an seinen Vorstandskollegen Axel
Mueller, der für die Bündnisgrünen im Kreistag sitzt, äußert sich Weigert darüberhinaus
folgendermaßen: "Stalins rote Horden haben uns vom Faschismus befreit.
Weiß Gott nicht! Niedergeknüppelt, geschunden und jahrzehntelang ausgebeutet
haben sie uns. Sie haben nicht befreit, sondern erobert. Sie haben eine
schreckliche Ideologie durch eine ebenso schreckliche ersetzt." Die
Deutschen, so Weigert, seien "im vorletzten Teil des Europäischen
Bürgerkrieges tragisch gescheitert". Ihre Schuld könnten sie nicht dadurch
ablegen, indem sie sich "als scheinbar reuige Sünder mit ihren Eroberern
verbünden".
Hintergrund des Schreibens vom 24. Februar ist offenbar ein Gespräch des
Vereinsvorstands mit dem Bürgermeister der Gemeinde, in dem es um die Inschrift
für den "Ort des Erinnerns" ging. Die Gedenkstätte soll am 8. Mai
eingeweiht werden und erinnert an ein Lager für Zwangs- und Fremdarbeiter sowie
KZ-Häftlinge, das in der Nazi-Zeit in Kleinmachnow bestand. Der Heimatverein
hat den Text für den Gedenkort erarbeitet.
Weigert wirft nun Mueller vor, im Gespräch mit dem Bürgermeister "immer
wieder den Begriff 'Befreiung' gebraucht" zu haben, "wenn Sie das
Kriegsende meinten". Dies sei "antiquiertes
Sendungsbewusstsein". Mit einer derart "verstaubten Ideologie"
würde er "dem Sozialismus das Wort reden". Wenn Mueller für den
Heimatverein spreche, sei aber "Überparteilichkeit angemessen".