Märkische Allgemeine Zeitung 18.02.05

Vergleich kam nicht zustande
Erneuter Prozess zu Sommerfeld-Siedlung / Neue Dokumente aufgetaucht

JÜRGEN STICH

KLEINMACHNOW In einem Streitfall, betreffend die Rückübertragungsansprüche in der Kleinmachnower Sommerfeld-Siedlung, ist gestern vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht ein Vergleich gescheitert. Der Rechtsbeistand der heutigen Besitzer des mit einer "Datsche" bebauten Grundstücks im "Meisenbusch" hatte 10 000 Euro angeboten. Dafür sollte der Berliner Immobilienkaufmann Christian Meyer, der die Rückübertragung der Fläche einfordert, auf seinen Anspruch verzichten. Makler Meyer taxierte den Marktwert des Grundstücks auf 120 000 Euro und nannte eine Summe von "rund 100 000 Euro" als ein mögliches Vergleichsangebot. Darauf wollte die Gegenseite jedoch nicht weiter eingehen.

In der weiteren Verhandlung machte Verwaltungsrichter Wilfried Hamm deutlich, dass seine Kammer die Rückgabe des Grundstücks für geboten halte. Er würde an der Rechtsauffassung festhalten, die das Potsdamer Gericht bereits in einem anderen Fall favorisierte, bei dem es im vergangenen Jahr um ein Grundstück im "Brodberg" ging. Pikant: Das Potsdamer Urteil zum Brodberg-Grundstück wäre vom Bundesverwaltungsgericht im Dezember 2004 beinahe gekippt worden, wenn sich nicht kurz zuvor die jetzige Besitzerin und Christian Meyer außergerichtlich geeinigt hätten (MAZ berichtete).

Insgesamt fordert der 53-jährige Berliner die Restitution von jetzt noch 867 Grundstücken in Kleinmachnow. Das Gebiet südlich der Stammbahntrasse war 1927 von der Siedlungsgesellschaft Kleinmachnow erworben worden, die zum Baukonzern des jüdischen Unternehmers Adolf Sommerfeld gehörte. Persönlich hielt Sommerfeld annähernd 79 Prozent der Anteile am Konzern.

Nach dem Überfall auf sein Privathaus am 31. März 1933 floh Sommerfeld aus Deutschland. Sein Konzern wurde später "arisiert". Nach der Wende meldete die Jewish-Claims-Conference (JCC) im Dezember 1992 Rückübertragungsansprüche auf den Sommerfeldschen Besitz an und konkretisierte den Anspruch 1995 auf die Kleinmachnower Siedlung. 1997 übertrug die JCC den Anspruch unentgeltlich auf Christian Meyer, der ihn seit dem durchficht.

Der gestern verhandelte Fall betrifft nur rund 65 der fraglichen Grundstücke. Sie gehören zu Flächen, die Sommerfelds Siedlungsgesellschaft an die Deutsche Land- und Baugesellschaft verkauft hatte - Vertragsabschluss war damals der 15. März 1933, die Eintragung der neuen Besitzerin ins Grundbuch erfolgte dann am 11. April. Zu diesem Zeitpunkt war Sommerfeld bereits geflohen. Entscheidend für die Auffassung des Potsdamer Gerichts zur Rückübertragung der fraglichen Flächen ist das Datum 21. April 1933. "Zwei jetzt aufgetauchte Dokumente belegen, dass an diesem Tag der Sommerfeld-Konzern vollständig von der NSDAP übernommen wurde", so Verwaltungsrichter Hamm. Alle Grundstücke, die davor - vermutlich bereits unter "Verfolgungsdruck" - von Sommerfeld veräußert wurden, müssten demnach rückübertragen werden.

Die endgültige Entscheidung wird aber wohl das Bundesverwaltungsgericht fällen müssen, die den Fall bei einer möglichen Revision auf den Tisch bekommt. Die Leipziger Richter haben schon angemahnt, dass der "Globalanspruch" des JCC von 1992 nicht konkret genug war. Außerdem ist man der Ansicht, dass Flächen einstiger Siedlungsgesellschaften nicht zurückgegeben werden sollten.