Märkische
Allgemeine Zeitung 12.02.05
Kurt Weill gibt den Takt vor
Sein Name für Bürgersaal im Gespräch / Festwoche in Kleinmachnow
JÜRGEN STICH
KLEINMACHNOW Kleinmachnower Künstler haben sich erneut dafür ausgesprochen, den
neuen "Bürgersaal" im Rathaus nach dem jüdischen Komponisten Kurt
Weill zu benennen. Dass sich die Gremien der Gemeinde bis jetzt nicht darauf
einigen konnten, nannte der Maler und Graphiker Rainer Ehrt "eine
verpasste Chance". Weil die Aufarbeitung der Nazi-Zeit in Kleinmachnow
immer noch "problematisch" sei, wäre die Namensgebung "ein
wichtiges Signal" gewesen, sagte Ehrt gestern bei der Vorstellung des
Programms zur Festwoche anlässlich der offiziellen Eröffnung des Bürgersaals am
26. Februar.
Weill hatte im Oktober 1931 ein Haus in Kleinmachnow gekauft, war gemeinsam mit
Ehefrau Lotte Lenya aber erst im März 1932 in die damalige Wissmannstraße 7 eingezogen.
Nach der Machtergreifung der Nazis emigrierte der Komponist im März 1933 nach
Paris. Lotte Lenya, auf deren Namen der Besitz in Kleinmachnow überschrieben
war, verkaufte das Haus noch im selben Jahr und folgte Weill schließlich ins
Exil.
Bislang erinnert nur eine Gedenktafel am Haus in der heutigen
Käthe-Kollwitz-Straße an die Kleinmachnower Lebensphase Weills. Für Jürgen Vietig
vom Kulturbeirat der Gemeinde ist das "zu wenig". Und auch der in
Kleinmachnow lebende Schriftsteller Martin Ahrends plädiert für einen
"Kurt-Weill-Saal". In einer der MAZ vorliegenden Stellungnahme
schreibt er: "Die Erinnerung an den verfolgten und vertriebenen jüdischen
Mitbürger Kurt Weill sollte uns Verpflichtung sein." Außerdem werde mit
dem Bürgersaal demnächst eine Spielstätte eröffnet, die für das geeignet sei,
"was Kurt Weill in den Zwanzigern auf deutsche Bühnen gezaubert"
habe.
Zu Beginn der Festwoche, mit der neben dem Bürgersaal auch das neue Rathaus
offiziell seiner Bestimmung übergeben wird, stehen am 26. und 27. Februar
jeweils um 19 Uhr mit der Schuloper "Der Jasager" und dem Schauspiel
"Der Neinsager" zwei Stücke auf dem Programm, die mit den Namen Kurt
Weill und Bertolt Brecht verbunden sind. Die Proben des Kammerchors der
evangelischen Kantorei Kleinmachnow, eines Kammerorchesters und von sechs
Solisten unter der Leitung von Karsten Seibt laufen auf Hochtouren. Regie
führen Antonia Braun und Bernhard Hanuschik. Im Foyer des Rathauses wird dann
am 4. März um 19.30 Uhr eine Ausstellung mit Bildern und Objekten
Kleinmachnower Künstler eröffnet. Sie ist bis Mitte Mai zu sehen und soll
Auftakt weiterer Präsentationen im Rathaus sein, wie aus der Kulturverwaltung
zu erfahren war. Den Abschluss der Festwoche bildet am 6. März ab 19 Uhr eine
"Gala" mit Lesungen, Musik und einer Modenschau.
Bürgermeister Wolfgang Blasig hofft, dass der Auftakt im Bürgersaal auch die
Debatte zur Namensgebung befördern wird. "Die Entscheidung sollte aber
nicht auf die lange Bank geschoben werden", warnte der Gemeindechef und
ließ durchblicken, dass ein "Kurt-Weill-Saal" seine Zustimmung finden
würde.