Märkische
Allgemeine Zeitung 14.12.04
Vergessenes
Kapitel des Krieges
In Kleinmachnow startete Hilfsaktion für ehemalige NS-Zwangsarbeiter
MANDY MAMEDOW
KLEINMACHNOW Der seit längerem geplante "Ort der Erinnerung" für
ehemalige NS-Zwangsarbeiter auf dem Gelände der einstigen "Dreilinden-Maschinenbau
GmbH" Kleinmachnow nimmt langsam Gestalt an, wie kürzlich bei einer
Veranstaltung im Kursaal der Biologischen Bundesanstalt zu erfahren war. Dort
drehte sich am "Tag der Menschenrechte" alles um ein nahezu vergessenes
Kapitel nicht nur der Kleinmachnower Geschichte: ehemalige Zwangsarbeiter und
andere NS-Opfer.
Derer nahm sich im Jahr 2000 zwar gezielt die Bundesstiftung
"Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZ) an. Doch zeigt sich
inzwischen, dass die Mittel der Stiftung sowie explizite Gesetzesvorgaben
nicht ausreichen, allen Betroffenen eine Entschädigung zukommen zu lassen.
Und so sieht sich der Berliner Verein "Kontakte - Kontakty e.V."
mit seiner Vorsitzenden Hilde Schramm veranlasst, ergänzend zur Stiftung die
bestehenden Lücken, soweit irgend möglich, mittels Bürger-Engagement durch
Spendengelder zu füllen.
Um auf die seit fast einem Jahr laufende, bundesweite Aktion aufmerksam zu
machen, aber auch um für eine lokale Brandenburgische Initiative zu werben,
traf sich am Freitag eine hochkarätig besetzte Runde. Mit dabei waren unter
anderem Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD), der ehemalige Brandenburger
Justizminister und Vorsitzende der Bundesstiftung EVZ, Hans Otto Bräutigam,
sowie die Brandenburger Bundestagsabgeordnete Cornelia Behm
(Bündnis90/Grüne), außerdem Vertreter der Gemeinde Kleinmachnow und
involvierte Vereine.
Dieser Abend, der von einer
sechsköpfigen Initiativgruppe unter Leitung von Hilde Schramm organisiert
wurde, gab mit dem Bürger-Engagement auf regionaler Ebene den Startschuss zur
Kampagne "Brandenburg hilft ehemaligen NS-Zwangsarbeitern in Osteuropa".
Und wo besser, als an einem authentischen Ort hätte diese bis Mai 2005
angesetzte Initiative ihren Ausgang finden können, so Cornelia Behm.
Mit unterschiedlichen Ansätzen versuchten die Akteure
unter Moderation der Brandenburger Ausländerbeauftragten Almuth Berger für
die Dringlichkeit und Wichtigkeit dieses Themas zu sensibilisieren. Immer
wieder klang dabei zwischen Zahlen, Fakten und geschichtlichen Hintergründen
auch der besondere Hinweis auf den "Mantel des Vergessens" durch,
der sich über das Kapitel Zwangsarbeiter gelegt habe. Zu kurz kam bei allem
Informationsreichtum in Hans Otto Bräutigams deutlich zu weit gedehnten
Ausführungen allerdings der Zusammenhang zwischen der Stiftung mit ihren begrenzeten
Möglichkeiten der Unterstützung von Zwangsarbeitern und der dazu ergänzend
wirkenden Bürgerinitiative. Zu unkonkret wurde nach Hilde Schramms Meinung
gesagt, dass schlichtweg nicht genug Geld vorhanden ist, dass Kriegsgefangene
von vornherein gesetzlich nicht berücksichtigt werden, obwohl sie unter völkerrechtswidrigen
Bedingungen Zwangsarbeit leisten mussten.
Auch dass Zwangsarbeiter, die im Heimatland für die
deutsche Besatzungsmacht ausgebeutet wurden, keine Unterstützung erfahren,
sei dabei unzureichend beleuchtet worden. Dennoch lobte Schramm die Unterstützung
der Bürgerinitiative durch Bräutigam, für den dieses Engagement etwas bewegt,
was "der Staat einfach nicht mehr leisten kann".
Wie sich die Gemeinde Kleinmachnow mit
"ihren" ehemaligen Zwangsarbeitern auseinandersetzt, wurde zum
Schluss noch einmal deutlich durch die Ausführungen des
Heimatvereinsvorsitzenden Rudolf Mach und des Landschaftsarchitekt Ole Saß.
Demnach wird sich der vorgesehene "Ort der Erinnerung", der am 8.
Mai 2005 eingeweiht werden soll, aus einem landschaftsgestalterischen Gesamtkonzept
zusammensetzen. Eine zweigeteilte Gedenktafel wird auf einem der beiden dann
begrünten und in Stahl eingefassten Baracken-Fundamenten angebracht.
Auf dieser - in Anlehnung an die Stahl-Produktion im
früheren Bosch-Werk - aus Corten-Stahl gefertigten Tafel wird sich einerseits
ein vom Heimatverein ausgearbeiteter Text, andererseits ein Lageplan des
Geländes befinden. Der Gedenkort ist Ersatz für eine originale
Fremdarbeiterbaracke, die im Zuge der Errichtung eines Wohngebiets abgerissen
worden war.